Zur Compliance bei der Allianz-Gruppe
Caspar von Hauenschild, Vorstandsmitglied der Organisation Transparency International, bewertete die Compliance-Regeln der Allianz-Gruppe
Verhaltensrichtlinien sollen nicht nach dem Motto "gelesen, gelacht, gelocht" schnell vergessen werden
(08.01.07) - Caspar von Hauenschild ist Vorstandsmitglied der Organisation Transparency International, bei der die Allianz Mitglied ist, und gehört verschiedenen Aufsichtsräten an. Transparency International ist eine gemeinnützige, parteipolitisch unabhängige Bewegung, die weltweit gegen Korruption kämpft. Hauerschild bewerterte den neuen Code of Conduct der Allianz-Gruppe im Gespräch mit "Allianz.com News" im Juli 2005:
"Insgesamt hat die Allianz zum Thema Transparenz in den letzten Jahren sehr gute Arbeit geleistet. Das betrifft sowohl den Geschäftsbericht als auch den Nachhaltigkeits-Bericht. Das Unternehmen hat hier enorme Fortschritte gemacht.
Als Mindeststandard ist der neue Verhaltenskodex inhaltlich sehr gut und vorbildlich. Er adressiert wesentliche Themen, wie Interessenskonflikte oder "Null-Toleranz" in Sachen Korruption.
Besonders gut sind die detaillierten Angaben zu Geschenken, zur Geldwäsche-Problematik und die explizite Erwähnung der Steuerhinterziehung. Manche sagen, man müsste Straftatbestände wie Steuerhinterziehung nicht mehr explizit erwähnen. Da sind wir anderer Meinung, denn wer kennt schon das Strafgesetzbuch auswendig?
Ungewöhnlich ist, dass ein einziger Compliance-Leiter die unterschiedlichen Arbeitsprozesse und Risiken eines Finanzdienstleisters überwachen muss, der gleichzeitig Versicherung und Bank ist. Das ergibt ein Riesenspektrum möglichen unethischen Verhaltens. Das zu kontrollieren ist sehr anspruchsvoll und gleichzeitig dringend notwendig.
Der Verhaltenskodex eines Unternehmens ist sehr wichtig. Aber noch wichtiger ist nach der Kodifizierung die Implementierung. Da entscheidet sich, ob der Kodex etwas mit Glaubwürdigkeit und der Beherrschung von Risiken zu tun hat.
Besonders wichtig sind alle Themen, die bisher noch kein Teil des Diskurses waren. Ein Beispiel ist das Thema "Whistleblower", also der Schutz auch für anonyme Informationsgeber. Ich kenne Vorfälle, die ohne diesen Schutz unter den Teppich gekehrt worden wären. Wichtig ist auch die frühzeitige Identifikation von Interessenskonflikten.
Ein bedeutender Punkt ist auch, dass nicht nur die "Bestechung" als Straftat, sondern auch "Korruption" ausdrücklich verboten sind. Unter dem weiteren Begriff der Korruption versteht man die Ausübung persönlicher und wirtschaftlicher Macht zum eigenen Vorteil - und auch die sollte geahndet werden, nicht nur die strafrechtlich relevante Bestechung.
Der Kodex sollte stets Chefsache sein. Der Vorstandsvorsitzende sollte ihn unterschreiben und ausdrücklich zu seiner Einhaltung aufrufen. Wichtig ist außerdem, bei Verstößen auch wirklich durchzugreifen – sonst verlieren Sie schnell die Glaubwürdigkeit.
Darüber hinaus sollte der Kodex Teil eines offenen Diskurses sein. Wenn es zu Problemen kommt, sollten diese anonymisiert veröffentlicht werden. Also nicht öffentlich blamieren nach dem Prinzip "name & shame", sondern fragen: "Wie konnte es passieren?" Mit dieser Sensibilität werden Mitarbeiter zunehmend proaktiv bestimmte Situationen vermeiden.
Wie viel haben solche Richtlinien in der deutschen und internationalen Unternehmenslandschaft bisher bewirkt?
Ich glaube, schon eine Menge. Gerade in der Phase der Kodifizierung bewirken sie in den Unternehmen viel Nachdenklichkeit. Man soll sich nicht täuschen: Unehrlichkeit wird man nie völlig unterbinden, aber ein Anfang ist gemacht.
Nach den Skandalen vor einigen Jahren gab es einen Ruf nach mehr Glaubwürdigkeit und Transparenz. Wichtig ist aber auch Fairness gegenüber denen, die in Versuchung sind. Einzelne Mitarbeiter fühlten sich in der Vergangenheit in Konfliktsituationen von ihren Vorgesetzten alleine gelassen.
Wirksam können die Richtlinien aber nur durch systematische Kommunikation und Implementierung werden. Sie sollen nicht nach dem Motto "gelesen, gelacht, gelocht" schnell vergessen werden. Nur integriert in Zielgespräche, Arbeitsanweisungen etc. werden sie eines Tages wirklich "gelebt" werden.
In den nächsten fünf Jahren werden nach meiner Einschätzung nicht nur die DAX-Unternehmen ihre Richtlinien überarbeiten und noch ernster implementieren, sondern jedes Unternehmen, das sich Mittel vom Kapitalmarkt besorgen muss, also auch der deutsche Mittelstand. Unethisches Verhalten ist ein Risiko, und das mögen Investoren, Banker, Kunden, Gläubiger und sogar Lieferanten nicht.
Lässt sich der Erfolg des Kodex irgendwie messen? - Bisher nicht, aber einige Nachhaltigkeits-Analysten arbeiten an einem Rating mit objektiven Kriterien. Ich glaube, das wird ein großes Thema. Schließlich ist ein guter Verhaltenskodex aktives Risikomanagement. Wir sehen ja immer wieder, ein wie großes Risiko es darstellt, seinen guten Ruf zu verlieren."
Siehe Interview auf der Allianz-Website: http://www.allianz.com/de/allianz_gruppe/presse/news/unternehmensnews/standpunkte/news24.html
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