Reform der Finanzaufsicht
Trotz Finanzkrise: Weiterhin kaum Verbraucherschutz bei Finanzaufsicht geplant, kritisiert der vzbv
Finanzaufsicht und Finanzmarktwächter: "Der Gesetzentwurf gibt der BaFin den Freifahrtschein, sich nicht um den Verbraucherschutz zu kümmern"
(21.09.12) - Anlässlich der Anhörung zum Gesetzentwurf zur Reform der Finanzaufsicht statt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisiert: Trotz europäischer Vorgaben wird der Verbraucherschutz in der Reform nicht gestärkt. "Der Vorschlag entspricht nicht dem europäischen Verständnis von einer modernen Finanzaufsicht", sagt Gerd Billen, Vorstand des vzbv. "Die Politik orientiert sich nur an den Interessen der Banken und ihrer Solvenz. Marktaufsicht und Verbraucherschutz kommen zu kurz."
Um die Finanzaufsicht zu stärken, müsse die Politik ihr die umfassende Zuständigkeit für die Aufsicht über alle Dienstleistungen und Produkte der Finanz- und Versicherungsbranche geben. Der vzbv unterstützt die Vorschläge, die der Bundesrat in einer Stellungnahme gemacht hat, insbesondere den Ansatz, die Überprüfung von Kreditwerbung und von Informationspflichten bei Verbraucherkrediten an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu übertragen. Auch die Aufsicht über freie Finanzvermittler soll laut Bundesrat bei der BaFin angesiedelt werden.
Marktaufsicht mit konkreten Befugnissen
Der Kabinettsbeschluss sieht vor, dass ein Verbraucherbeirat eingerichtet wird und es ein Beschwerderecht für Verbraucher und Verbraucherschutzorganisationen gibt. "Damit lässt sich aber keine verbraucherorientierte Marktaufsicht mit konkreten Aufgaben und Eingriffsbefugnissen organisieren, für die sich der vzbv seit Jahren einsetzt", kritisiert Billen.
Bei den europäischen Aufsichtsbehörden stehen Solvenz- und Marktaufsicht gleichwertig nebeneinander, und der Verbraucherschutz ist als Aufsichtsziel zentral verankert. Nach der deutschen Gesetzesbegründung sollen Verbraucherfragen bei der Tätigkeit der BaFin zukünftig zwar auch stärker berücksichtigt werden. Doch dürfen sie nicht die Solvenz der beaufsichtigten Institute und die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte beeinträchtigen. "Der Gesetzentwurf gibt der BaFin den Freifahrtschein, sich nicht um den Verbraucherschutz zu kümmern. Verbraucher haben ein Recht darauf, auch im Finanzsektor geschützt und informiert zu sein. Spätestens seit der Finanzkrise müsste die Politik das einsehen", sagt Billen.
Finanzmarktwächter gefordert
Um beide Seiten des Markts zu berücksichtigen, die Anbieter- und die Nachfrageseite, empfiehlt der vzbv eine duale Struktur von Finanzaufsicht und Finanzmarktwächter. Ein Finanzmarktwächter führt eine systematische, verbraucherorientierte Marktbeobachtung durch und übergibt seine Hinweise in einem formalisierten (Austausch-)Verfahren an die Finanzaufsicht. Dafür bedarf es klarer gesetzlicher Vorgaben, in welchem Zeitraum und in welcher Form sich die Aufsicht mit dem Sachverhalt befassen muss. Für Gerd Billen eine nötige Konsequenz: "Wenn die staatliche Aufsicht kein klares Verbrauchermandat hat, führt am Finanzmarktwächter kein Weg vorbei. Der Finanzmarktwächter zeigt, wo es Missstände gibt, und hilft Verbrauchern, sich am Markt zu orientieren." (Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)
Verbraucherzentrale Bundesverband: Steckbrief
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