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Wirtschaftliche Machtstellung der Internetgiganten


Diskussion über Digital Markets Act – Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht
Der europäische Gesetzgeber plant jetzt mit dem Digital Markets Act einen europäischen Weg zwischen Kartellrecht und Regulierung



Am 7. Oktober 2021 fand die Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht als virtuelle Veranstaltung statt. Auf Einladung des Bundeskartellamtes beteiligten sich über 150 Wettbewerbsexperten an der Diskussion und dem Gedankenaustausch zum Thema "Digital Markets Act – Perspektiven des (inter)nationalen Wettbewerbsrechts". Der Arbeitskreis setzt sich zusammen aus zahlreichen Professorinnen und Professoren rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Fakultäten, hochrangigen Vertretern nationaler und europäischer Wettbewerbsbehörden und Ministerien sowie Richterinnern und Richtern der Kartellsenate beim Oberlandesgericht Düsseldorf und beim Bundesgerichtshof. Seit über 50 Jahren finden in diesem Rahmen jährliche Konferenzen zu grundsätzlichen wettbewerbspolitischen Themen statt.

Geleitet wurde die Tagung von Prof. Dr. Konrad Ost, Vizepräsident des Bundeskartellamtes: "Die Pandemie hat der enormen wirtschaftlichen Machtstellung der Internetgiganten einen weiteren Schub gegeben. In aller Welt arbeiten Gesetzgeber an passenden Antworten zu den damit verbundenen Problemen. Der deutsche Gesetzgeber hat in diesem Jahr mit der 10. GWB-Novelle das deutsche Kartellrecht mit geeigneten Instrumenten ausgestattet. Jetzt plant der europäische Gesetzgeber mit dem Digital Markets Act einen europäischen Weg zwischen Kartellrecht und Regulierung. Sein auf bestimmte Verhaltensweisen bezogener Ansatz lässt sich gut mit dem einzelfallbezogenen nationalen Kartellrecht verzahnen und ergänzen."

Die Europäische Kommission hat am 15. Dezember 2020 einen Vorschlag zu einem Gesetz über digitale Märkte ("Digital Markets Act", DMA) veröffentlicht. Gegenstand des Entwurfes sind große Online-Plattformen, die auf Grund bestimmter Kriterien als "Gatekeeper" einzustufen sind. Diesen sollen dann im Hinblick auf besonders relevante "Kern-Plattformdienste" besondere Pflichten auferlegt werden. Beispielsweise sieht der Entwurf vor, dass als "Gatekeeper" eingestufte Plattformen Dritten in bestimmten Situationen die Zusammenarbeit mit deren Diensten erlauben müssen oder eigene Dienste beim Ranking nicht bevorzugt behandeln dürfen. Im Juni 2021 haben die Leiter der im European Competition Network organisierten nationalen Wettbewerbsbehörden ein gemeinsames Papier zur Rolle nationaler Wettbewerbsbehörden bei der Durchsetzung des DMA verabschiedet.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch eine Podiumsdiskussion mit Vorträgen von Prof. Dr. Jan Krämer (Universität Passau) und Prof. Dr. Daniel Zimmer (Universität Bonn) zu den Rationalitäten und Regelungen der DMA-Entwürfe. Diese unterzogen die Anordnungen der Entwürfe zunächst einer ersten juristischen und ökonomisch-technischen Einordnung. Inhaltliche Schwerpunkte waren die Entwicklung der Wettbewerbsrechtsanwendung in der Digitalwirtschaft, die im DMA vorgeschlagenen Regelungen zur Gatekeeper-Stellung sowie Systematik und Einzelfragen der DMA-Verhaltenspflichten.

In einem anschließend mit Prof. Dr. Konrad Ost geführten Gespräch stellte Prof. Dr. Jens-Uwe Franck (Universität Mannheim) die jüngsten Legislativvorschläge aus den USA vor, welche zum DMA vergleichbare Ziele verfolgen. Im Rechtsvergleich konnten dabei sowohl signifikante Gemeinsamkeiten als auch strukturelle Unterschiede zwischen den Gesetzgebungsvorhaben identifiziert werden.

Die Perspektive der europäischen Gesetzgeber auf den DMA war Gegenstand eines Gesprächs des Präsidenten des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, mit dem Berichterstatter im federführenden Ausschuss des Europäischen Parlamentes, Dr. Andreas Schwab (MdEP). Das Gespräch erlaubte den Teilnehmern dabei nicht nur einen Einblick in die Motivation bisheriger Regelungsvorschläge, etwa im Hinblick auf die Rechtsgrundlage. Darüber hinaus wurden auch die im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsprozesses voraussichtlich noch bedeutsamen Diskussionspunkte erkennbar.

In der daran anschließenden zweiten Podiumsdiskussion sprachen Dr. Thorsten Käseberg (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie), Dr. Thomas Kramler (Europäische Kommission), Prof. Dr. Jürgen Kühling (Universität Regensburg, Vorsitzender der Monopolkommission) sowie Prof. Dr. Rupprecht Podszun (Universität Düsseldorf) unter Moderation von Silke Hossenfelder (Leiterin der Abteilung für Grundsatzfragen des Kartellrechts, Bundeskartellamt) über Regelungsnatur und Positionierung des DMA. Zu den diskutierten Themen gehörte dabei insbesondere das künftige Verhältnis des DMA zum europäischen und nationalen Wettbewerbsrecht sowie die Frage einer effektiven Rechtsdurchsetzung auch durch Einbeziehung nationaler Wettbewerbsbehörden.

Das Arbeitspapier zu der Tagung sowie einzelne Vorträge der Teilnehmer (sobald verfügbar) können auf der Internetseite des Bundeskartellamtes abgerufen werden. (Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 12.10.21
Newsletterlauf: 12.01.22



Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Alternative Carrier sind dünn gesät

    Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Erwerb einer Minderheitsbeteiligung der Deutschen Lufthansa AG (Lufthansa) an der airBaltic Corporation AS (airBaltic) fusionskontrollrechtlich freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die geplante Beteiligung löst auf mehreren Flugverbindungen zwischen deutschen Flughäfen und dem Baltikum erhebliche wettbewerbliche Bedenken aus."

  • Wettbewerbsimpuls auf dem Briefmarkt

    Das Bundeskartellamt hat ein Kartellverwaltungsverfahren gegen Unternehmen der Deutschen Post AG (DPAG) sowie gegen Unternehmen der Max-Ventures-Gruppe aus dem Bereich Briefkonsolidierungsleistungen einstellen können, nachdem die Unternehmen untereinander bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen aufgelöst haben. Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren im Juli 2023 eingeleitet, um dem Verdacht auf mögliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen den Unternehmen nachzugehen.

  • Zusammenschluss musste freigeben werden

    Das Bundeskartellamt hat die Übernahme aller Anteile an der Medienholding Süd durch die Neue Pressegesellschaft freigegeben. Die Medienholding Süd ist derzeit Teil der Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) und verlegt regionale Tageszeitungen in Baden-Württemberg, insbesondere die "Stuttgarter Zeitung" sowie den "Schwarzwälder Boten". Die Neue Pressegesellschaft verlegt ebenfalls regionale Tageszeitungen, in Baden-Württemberg insbesondere die "Südwest Presse". Beide Unternehmen verbreiten darüber hinaus Anzeigenblätter und sind an privaten Radiosendern beteiligt.

  • Kein Verfahren gegen die DFL

    Das Bundeskartellamt hat den Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) und die im Verfahren beigeladenen Vereine und Investoren über seine vorläufige kartellrechtliche Bewertung der 50+1-Regel und ihrer Anwendungspraxis informiert. Das Amt hat auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Sportkartellrecht keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Regel. Das Ziel der Vereinsprägung und der Mitgliederpartizipation ist geeignet, eine Ausnahme von kartellrechtlichen Verboten zu rechtfertigen.

  • Austauschbarkeit der Produkte

    Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme des Automobil-Ethernet-Geschäfts der amerikanischen Marvell Technology, Inc. (Marvell) durch die Infineon Technologies AG (Infineon) freigegeben. Die Ethernet-Komponenten von Marvell werden vor allem für die Übertragung von Daten innerhalb des Netzwerks von softwaredefinierten Fahrzeugen (Software-defined Vehicles, SDVs) verwendet.

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