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Handelsmarktplatz im Bereich des E-Commerce


Wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen von Amazon
Prüfung der laufenden Verfahren gegen Amazon auch nach § 19a GWB




Das Bundeskartellamt hat zwei laufende Missbrauchsverfahren gegen das Unternehmen Amazon nun auch auf die Anwendung des neuen Instruments zur effektiveren Aufsicht über große Digitalkonzerne (§ 19a GWB) erstreckt. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Wir untersuchen in den beiden Verfahren, ob und wie Amazon die Geschäftschancen von Händlern, die im Wettbewerb zu Amazons eigenem Handelsgeschäft auf dem Amazon-Marktplatz tätig sind, beeinträchtigt.

Amazons Betrieb des wichtigsten Handelsmarktplatzes im Bereich des E-Commerce räumt dem Unternehmen eine Schlüsselposition ein, die eine weitreichende Regelsetzungsmacht für den Wettbewerb auf der Plattform umfasst. Mit den neuen Befugnissen, die gerade auch eine solche Regelsetzungsmacht eingrenzen sollen, können wir wettbewerbsgefährdende Verhaltensweisen von Amazon effizienter aufgreifen als bisher."

Mit Entscheidung vom 5. Juli 2022 hatte das Bundeskartellamt bereits festgestellt, dass Amazon ein Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb ist und das neue Aufsichtsinstrument deshalb auch auf das Unternehmen angewendet werden kann. Gegen diese Entscheidung hat Amazon Beschwerde eingelegt, über die der Bundesgerichtshof entscheiden wird. Die Entscheidung bleibt aber bis dahin vorläufig vollstreckbar.

In dem ersten der beiden Verfahren, die sich auf bestimmte Verhaltensweisen von Amazon beziehen, untersucht das Bundeskartellamt Preiskontrollmechanismen. Es geht dabei um eine algorithmische Überprüfung der Preissetzung von Dritthändlern auf dem Amazon-Marktplatz. Die Anwendung dieser Mechanismen kann dazu führen, dass Händlerangebote für Endkundinnen und Endkunden weniger gut auffindbar sind oder sogar gesperrt werden.

Das zweite Verfahren behandelt das Problem des sog. Brandgatings. Das Bundeskartellamt untersucht mögliche Benachteiligungen von Marktplatzhändlern durch verschiedene Instrumente Amazons, z.B. Vereinbarungen mit (Marken-)Herstellern, die die Zulassung bzw. den Ausschluss von Händlern zum Verkauf von (Marken-)Produkten auf dem Amazon-Marktplatz betreffen.

Hintergrund
Im Januar 2021 ist die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Digitalisierungsgesetz) in Kraft getreten. Eine zentrale neue Vorschrift (§ 19a GWB) erlaubt dem Bundeskartellamt ein früheres und effektiveres Eingreifen, insbes. gegen Verhaltensweisen großer Digitalkonzerne. Neben Amazon hat das Amt eine überragende marktübergreifende Bedeutung bereits bei Alphabet/Google und bei Meta/Facebook festgestellt (in diesen beiden Fällen auch rechtskräftig, siehe Pressemitteilungen vom 5. Januar 2022 bzw. vom 4. Mai 2022). Weitere Verfahren, die sich gegen konkrete Verhaltensweisen von großen Digitalkonzernen richten, laufen gegen Google/Alphabet (siehe Pressemitteilungen vom 21. Juni 2022, vom 4. Juni 2021 bzw. 12. Januar 2022 und 25. Mai 2021), Meta/Facebook (siehe Pressemitteilung vom 28. Januar 2021) und Apple (siehe Pressemitteilung vom 14. Juni 2022).
(Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 16.11.22
Newsletterlauf: 14.02.23


Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Alternative Carrier sind dünn gesät

    Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Erwerb einer Minderheitsbeteiligung der Deutschen Lufthansa AG (Lufthansa) an der airBaltic Corporation AS (airBaltic) fusionskontrollrechtlich freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die geplante Beteiligung löst auf mehreren Flugverbindungen zwischen deutschen Flughäfen und dem Baltikum erhebliche wettbewerbliche Bedenken aus."

  • Wettbewerbsimpuls auf dem Briefmarkt

    Das Bundeskartellamt hat ein Kartellverwaltungsverfahren gegen Unternehmen der Deutschen Post AG (DPAG) sowie gegen Unternehmen der Max-Ventures-Gruppe aus dem Bereich Briefkonsolidierungsleistungen einstellen können, nachdem die Unternehmen untereinander bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen aufgelöst haben. Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren im Juli 2023 eingeleitet, um dem Verdacht auf mögliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen den Unternehmen nachzugehen.

  • Zusammenschluss musste freigeben werden

    Das Bundeskartellamt hat die Übernahme aller Anteile an der Medienholding Süd durch die Neue Pressegesellschaft freigegeben. Die Medienholding Süd ist derzeit Teil der Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) und verlegt regionale Tageszeitungen in Baden-Württemberg, insbesondere die "Stuttgarter Zeitung" sowie den "Schwarzwälder Boten". Die Neue Pressegesellschaft verlegt ebenfalls regionale Tageszeitungen, in Baden-Württemberg insbesondere die "Südwest Presse". Beide Unternehmen verbreiten darüber hinaus Anzeigenblätter und sind an privaten Radiosendern beteiligt.

  • Kein Verfahren gegen die DFL

    Das Bundeskartellamt hat den Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) und die im Verfahren beigeladenen Vereine und Investoren über seine vorläufige kartellrechtliche Bewertung der 50+1-Regel und ihrer Anwendungspraxis informiert. Das Amt hat auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Sportkartellrecht keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Regel. Das Ziel der Vereinsprägung und der Mitgliederpartizipation ist geeignet, eine Ausnahme von kartellrechtlichen Verboten zu rechtfertigen.

  • Austauschbarkeit der Produkte

    Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme des Automobil-Ethernet-Geschäfts der amerikanischen Marvell Technology, Inc. (Marvell) durch die Infineon Technologies AG (Infineon) freigegeben. Die Ethernet-Komponenten von Marvell werden vor allem für die Übertragung von Daten innerhalb des Netzwerks von softwaredefinierten Fahrzeugen (Software-defined Vehicles, SDVs) verwendet.

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