Mehr Wettbewerb im Versicherungsmarkt
Bundeskartellamt untersagt Mitversicherungsgemeinschaft für Vermögensschadenhaftpflichtrisiken für Wirtschafts- und vereidigte Buchprüfer
Zusammenarbeit der Versicherer verstößt gegen deutsches und europäisches Kartellrecht - Bestehen der Versicherungsstelle geht auf eine staatliche Anordnung aus den 30-er Jahren des vorigen Jahrhunderts zurück
(15.08.07) - Das Bundeskartellamt hat vier Versicherungsunternehmen (Allianz, AXA, R + V Allgemeine Versicherung und Victoria Versicherung) untersagt, ab 2009 die Versicherungen von Vermögensschadenhaftpflichtrisiken für Wirtschafts- und vereidigte Buchprüfer im Rahmen der Tätigkeit der Versicherungsstelle Wiesbaden weiter gemeinsam zu betreiben.
Das Bestehen der Versicherungsstelle Wiesbaden geht auf eine staatliche Anordnung aus den 30-er Jahren des vorigen Jahrhunderts zurück und ist bis heute durch die vier genannten privaten Versicherer beibehalten worden. Die Versicherer bieten über die Versicherungsstelle Wiesbaden die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung nur gemeinsam an. Der Versicherungsschutz wird infolgedessen zu einheitlichen Prämien und Bedingungen angeboten. Auch die Risikoübernahme durch die beteiligten Versicherer erfolgt entsprechend einer fest vereinbarten Quotenregel.
Aufgrund dieser Zusammenarbeit in der Versicherungsstelle Wiesbaden findet zwischen den beteiligten Versicherern kein Wettbewerb um Versicherungsprämien und –Bedingungen sowie um die Dienstleistungsqualität bei der Schadenabwicklung statt. Die Marktstärke der Versicherungsstelle zeigt sich auch daran, dass sie im Wege ihrer Tarifumstellung deutliche Prämienerhöhungen durchsetzen konnte, ohne ihre Marktsstellung ernsthaft zu gefährden. Die Zusammenarbeit der Versicherer verstößt somit gegen deutsches und europäisches Kartellrecht.
Das Bundeskartellamt hat im Rahmen seiner Prüfung festgestellt, dass die beteiligten Versicherungsunternehmen die Wirtschaftsprüfer jeweils allein versichern können, die nicht zur Gruppe der sog. Big4 gehören. Die Zusammenarbeit bei den Versicherungen für die Big4 (KPMG, Ernst & Young, PWC, Deloitte & Touche) ist von der Untersagung ausgenommen.
Die Übergangsfristen in der Entscheidung stellen sicher, dass sich Versicherer und Wirtschaftprüfer auf die neuen Marktverhältnisse einstellen können und ein sachgerechter und fortwährender Versicherungsschutz bereitgestellt werden kann. Das Bundeskartellamt zielt mit dieser Entscheidung darauf ab, durch das Aufbrechen eines jahrzehntelang den Markt bestimmenden Kartells den Wettbewerb zu aktivieren und neue Marktzutritte zu ermöglichen. (Bundeskartellamt: ra)
Meldungen: Kartellrecht
Kartellrecht und Kartellvergehen
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Neue Vorschriften für Digitalkonzerne
Google (Alphabet Inc., USA) hat sich gegenüber dem Bundeskartellamt verpflichtet, verschiedene Wettbewerbsbeschränkungen bei den Google Automotive Services und bei der Google Maps Platform abzustellen. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Ich freue mich, dass wir uns mit Google einigen konnten und somit ganz unmittelbar positive Auswirkungen für die betroffenen Wirtschaftsbereiche erzielen. Die Zusagen von Google haben das Potential, weitreichende Änderungen im Markt zu bewirken. Durch die Aufhebung der bisherigen Beschränkungen stärken wir die Auswahlmöglichkeiten der Kundinnen und Kunden und eröffnen neue Chancen für Wettbewerber von Google."
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Antennenstandorte für 1&1
Das Bundeskartellamt hat der Vodafone Group, der Vodafone GmbH und der Vantage Towers AG seine vorläufige rechtliche Einschätzung wegen der mangelnden Bereitstellung von Antennenstandorten für 1&1 übersandt. Das Vodafone-Konzernunternehmen Vantage Towers hatte sich zu der Bereitstellung schon im Jahr 2021 vertraglich verpflichtet, dann kam es aber zu massiven Verzögerungen (s. Pressemeldung vom 2. Juni 2023). Vodafone und Vantage Towers haben jetzt Gelegenheit zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.
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Entwicklung eines neuen MGCS-Systems
Das Bundeskartellamt hat die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens der KNDS Deutschland GmbH & Co KG, der KNDS France, der Rheinmetall Landsysteme GmbH und THALES SIX GTS France SAS freigegeben. Das Gemeinschaftsunternehmen, die MGCS-Projekt Company GmbH, soll ihren Sitz in Deutschland haben. Das Hauptziel des Gemeinschaftsunternehmens ist die industrielle Entwicklung des modularen "Main Ground Combat Systems" (MGCS)-Kampfpanzers in deutsch-französischer Kooperation.
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Erwerb von Lebensmittelherstellern
Das Bundeskartellamt hat den mittelbaren Erwerb der Uckermärker Milch GmbH (Uckermärker), einer Tochter der Ostmilch Handels GmbH, durch die EDEKA ZENTRALE Stiftung & Co. KG (EDEKA) freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Das Bundeskartellamt schaut beim Erwerb von Lebensmittelherstellern durch große Lebensmitteleinzelhändler immer sehr genau hin. Wir müssen ausschließen, dass es durch eine solche Übernahme zu einer Abschottung der Märkte zum Nachteil anderer Produzenten oder Händler kommt. Im vorliegenden Fall ist dies nicht zu befürchten."
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Sehr häufige Preisänderungen an der Tankstelle
Das Bundeskartellamt hat seine Sektoruntersuchung zu Raffinerien und Kraftstoffgroßhandel mit einem umfangreichen Endbericht abgeschlossen. In dem Bericht erläutert das Bundeskartellamt die Strukturen und die Preissetzungsmechanismen auf diesen Marktstufen der Mineralölwirtschaft und identifiziert Stellschrauben, die zu einer Stärkung des Wettbewerbs beitragen können.