Kartellamt: BDM-Boykottaufruf war rechtswidrig
Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) habe mit seinem Aufruf gegen das Boykottverbot des § 21 Absatz 1 GWB verstoßen - Aufruf erfolgte auch nicht in Wahrnehmung berechtigter Interessen
Die Ermittlungen hätten gezeigt, dass ein bundesweiter Einheitspreis zu einer flächendeckenden Kartellierung über alle Marktstufen (Milchviehhalter, Molkereien und Handel) hinweg geführt hätte
(14.11.08) - Das Bundeskartellamt hat mit Beschluss vom 12. November 2008 festgestellt, dass der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V., Freising (BDM), im Rahmen der "Milchpreisoffensive 2008" zum Boykott aufgerufen hat.
Der BDM hatte die Milchviehhalter in Deutschland zur Nichtbelieferung der Molkereien und zu Demonstrationen vor ausgewählten Molkereien aufgerufen, um einen bundesweit einheitlichen Mindestpreis von 43 Cent/kg Milch und eine Drosselung der Milchmenge durchzusetzen. Darüber hinaus sollten die Molkereien vom BDM vorbereitete "Verpflichtungserklärungen" unterzeichnen. Mit ihrer Unterschrift unter diese Verpflichtungserklärung sollten die Molkereien den Milchindustrieverband beauftragen, mit dem BDM Verhandlungen mit dem Ziel zu führen, den vom BDM geforderten Mindestmilchpreis gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel durchzusetzen.
In Folge des Aufrufs wurden bundesweit zahlreiche Molkereien von den Milchviehhaltern nicht mehr mit Milch beliefert. Teilweise wurden die Anlieferung von Milch und die Auslieferung von Milchprodukten durch Blockaden verhindert.
Der BDM hat mit seinem Aufruf gegen das Boykottverbot des § 21 Absatz 1 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) verstoßen. Der Aufruf erfolgte auch nicht in Wahrnehmung berechtigter Interessen. Denn der BDM strebte weder eine kartellrechtskonforme Kooperation auf der Ebene der Milchviehhalter noch auf der Ebene der Molkereien an.
Zudem ergaben die Prüfung der vorgelegten Unterlagen und eigene ergänzende Recherchen des Amtes, dass die Höhe des vom BDM geforderten Mindestpreises nicht so bemessen war, dass Milchviehhalter nur oberhalb des geforderten Basispreises kostendeckend wirtschaften könnten. Insbesondere die im Wesentlichen fiktiv angesetzten Arbeitskosten erscheinen überhöht.
Die Ermittlungen haben zudem gezeigt, dass ein bundesweiter Einheitspreis zu einer flächendeckenden Kartellierung über alle Marktstufen (Milchviehhalter, Molkereien und Handel) hinweg geführt hätte. Dies hätte zu einer kartellrechtlich unzulässigen Ausschaltung des Wettbewerbs und zu höheren Preisen für die Verbraucher geführt. Die vom BDM ebenfalls angestrebte Drosselung der Milchmenge durch Änderung des Umrechnungsfaktors (Volumen in Gewicht) der angelieferten Milch berechtigte ebenfalls nicht zum Boykottaufruf.
Das Bundeskartellamt macht mit seiner Entscheidung deutlich, dass strukturpolitische Probleme keinesfalls mit kartellrechtswidrigen Mitteln gelöst werden dürfen. Im vorliegenden Fall hat das Bundeskartellamt zugunsten des BDM von seinem Ermessen Gebrauch gemacht, kein Bußgeldverfahren einzuleiten.
Sollte der BDM in vergleichbarer Weise zukünftig erneut gegen das Kartellrecht verstoßen, wird das Bundeskartellamt jedoch unverzüglich ein Bußgeldverfahren einleiten. Dies ist dem BDM auch so mitgeteilt worden.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Eine öffentliche Version der Entscheidung kann in den nächsten Tagen auf der Internet-Seite des Bundeskartellamtes abgerufen werden. (Bundeskartellamt: ra)
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