Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Herausforderungen für die Kartellrechtspraxis


Innovationen und Kartellrechtspraxis - Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht
Prof. Dr. Konrad Ost, Vizepräsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Wir dürfen bei der Kartellrechtspraxis nicht nur auf kurzfristige Preiseffekte achten"



Am 5. Oktober 2017 fand die Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht statt. Auf Einladung des Bundeskartellamtes trafen sich über 120 Wettbewerbsexperten zur Diskussion und zum Gedankenaustausch über das Thema "Innovationen – Herausforderungen für die Kartellrechtspraxis". Der Arbeitskreis setzt sich zusammen aus zahlreichen Professoren rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Fakultäten, hochrangigen Vertretern nationaler und europäischer Wettbewerbsbehörden und Ministerien sowie Richtern der Kartellsenate beim Oberlandesgericht Düsseldorf und beim Bundesgerichtshof. Seit über 40 Jahren finden in diesem Rahmen jährliche Konferenzen zu grundsätzlichen wettbewerbspolitischen Themen statt.

Prof. Dr. Konrad Ost, Vizepräsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Innovationen sind der Schlüssel für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum von Volkswirtschaften und Unternehmen. Wir dürfen bei der Kartellrechtspraxis nicht nur auf kurzfristige Preiseffekte achten. Wettbewerb soll vor allem auch Auswahlfreiheit für Verbraucher und Innovationspotentiale sichern und fördern. Das gilt gleichermaßen für traditionelle Industrien wie zum Beispiel im Pflanzenschutz, wie für die moderne Plattformökonomie. Wir werden uns mit dem Thema Innovationen und Wettbewerbsrecht in Zukunft noch intensiver befassen."

Die Tagung wurde von Prof. Dr. Ost geleitet. Die einleitenden Kurzvorträge und die Podiumsdiskussion bestritten Thomas Deisenhofer, Generaldirektion Wettbewerb, Europäische Kommission, Prof. Dr. Josef Drexl, Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht München, Prof. Dr. Wolfgang Kerber, Philipps-Universität Marburg, Prof. Dr. Frank Maier-Rigaud, NERA Economic Consulting und Frau Birgit Krueger, Leiterin der Grundsatzabteilung des Bundeskartellamtes.

Thema war unter anderem, wie Erkenntnisse aus der Industrieökonomie für die Entscheidungspraxis fruchtbar gemacht werden können. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass Innovationen in der Prüfung verschiedene Rollen spielen können, etwa innerhalb von Schadenstheorien, aber auch als marktmachtrelativierender Faktor oder bei der Prüfung von Effizienzen einer Fusion oder Kooperation. Innovationsprozesse seien grundsätzlich mit erheblicher Unsicherheit behaftet, quantitative Prüfungsansätze daher schwierig anwendbar. Viele Teilnehmer sprachen sich dafür aus, in Bezug auf Innovationswettbewerb keine Verallgemeinerung ökonomischer Erkenntnisse anzustreben, sondern innerhalb der Kartellrechtspraxis ausgehend von einzelfallbezogenen Sachverhaltsaufklärungen eine differenzierende Systematik für verschiedene Branchen und Verfahrensarten zu etablieren.

Intensiv diskutiert wurde sowohl konzeptionell als auch anhand ausgewählter Fallpraxis, inwieweit bei noch in Entwicklung befindlichen Produkten der Bezug zu einem konkreten Schaden für den Wettbewerb hergestellt werden kann, um diese in der kartellrechtlichen Prüfung adäquat zu berücksichtigen.

Der Schutz des Innovationswettbewerbs und die damit verbundene langfristige Sicherung von Produktvielfalt (consumer choice) seien in vielen Fällen mindestens genauso bedeutend wie der Schutz kurzfristigen Preiswettbewerbs. Zudem wurden Ansätze angesprochen, auf deren Basis die optimale Interventionsneigung einer Wettbewerbsbehörde diskutiert werden kann. Hierbei gelte es im Einzelfall zwischen rechtzeitigem behördlichem Eingreifen zum Schutz des Wettbewerbsprozesses und freier Entwicklung der Marktdynamik abzuwägen, um fairen Wettbewerb zu sichern.

Das Arbeitspapier zu der Tagung sowie einzelne Vorträge der Teilnehmer können auf der Internetseite des Bundeskartellamtes abgerufen werden. (Bundeskartellamt: ra)

eingetragen: 24.10.17
Home & Newsletterlauf: 15.11.17



Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Neue Vorschriften für Digitalkonzerne

    Google (Alphabet Inc., USA) hat sich gegenüber dem Bundeskartellamt verpflichtet, verschiedene Wettbewerbsbeschränkungen bei den Google Automotive Services und bei der Google Maps Platform abzustellen. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Ich freue mich, dass wir uns mit Google einigen konnten und somit ganz unmittelbar positive Auswirkungen für die betroffenen Wirtschaftsbereiche erzielen. Die Zusagen von Google haben das Potential, weitreichende Änderungen im Markt zu bewirken. Durch die Aufhebung der bisherigen Beschränkungen stärken wir die Auswahlmöglichkeiten der Kundinnen und Kunden und eröffnen neue Chancen für Wettbewerber von Google."

  • Antennenstandorte für 1&1

    Das Bundeskartellamt hat der Vodafone Group, der Vodafone GmbH und der Vantage Towers AG seine vorläufige rechtliche Einschätzung wegen der mangelnden Bereitstellung von Antennenstandorten für 1&1 übersandt. Das Vodafone-Konzernunternehmen Vantage Towers hatte sich zu der Bereitstellung schon im Jahr 2021 vertraglich verpflichtet, dann kam es aber zu massiven Verzögerungen (s. Pressemeldung vom 2. Juni 2023). Vodafone und Vantage Towers haben jetzt Gelegenheit zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

  • Entwicklung eines neuen MGCS-Systems

    Das Bundeskartellamt hat die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens der KNDS Deutschland GmbH & Co KG, der KNDS France, der Rheinmetall Landsysteme GmbH und THALES SIX GTS France SAS freigegeben. Das Gemeinschaftsunternehmen, die MGCS-Projekt Company GmbH, soll ihren Sitz in Deutschland haben. Das Hauptziel des Gemeinschaftsunternehmens ist die industrielle Entwicklung des modularen "Main Ground Combat Systems" (MGCS)-Kampfpanzers in deutsch-französischer Kooperation.

  • Erwerb von Lebensmittelherstellern

    Das Bundeskartellamt hat den mittelbaren Erwerb der Uckermärker Milch GmbH (Uckermärker), einer Tochter der Ostmilch Handels GmbH, durch die EDEKA ZENTRALE Stiftung & Co. KG (EDEKA) freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Das Bundeskartellamt schaut beim Erwerb von Lebensmittelherstellern durch große Lebensmitteleinzelhändler immer sehr genau hin. Wir müssen ausschließen, dass es durch eine solche Übernahme zu einer Abschottung der Märkte zum Nachteil anderer Produzenten oder Händler kommt. Im vorliegenden Fall ist dies nicht zu befürchten."

  • Sehr häufige Preisänderungen an der Tankstelle

    Das Bundeskartellamt hat seine Sektoruntersuchung zu Raffinerien und Kraftstoffgroßhandel mit einem umfangreichen Endbericht abgeschlossen. In dem Bericht erläutert das Bundeskartellamt die Strukturen und die Preissetzungsmechanismen auf diesen Marktstufen der Mineralölwirtschaft und identifiziert Stellschrauben, die zu einer Stärkung des Wettbewerbs beitragen können.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen