Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Markt für intravenöse Eisenpräparate


EU-Kommission holt Rückmeldungen zu Verpflichtungsangeboten von Vifor ein wegen möglicher wettbewerbswidriger Verunglimpfung von Eisenpräparat
Die Kommission befürchtet, dass Vifor den Wettbewerb auf dem Markt für intravenöse Eisenpräparate eingeschränkt haben könnte, indem es Monofer, ein Arzneimittel seines engsten europäischen Wettbewerbers Pharmacosmos zur Behandlung von Eisenmangel, wettbewerbswidrig verunglimpft hat



Die Europäische Kommission bittet um Stellungnahmen zu Verpflichtungsangeboten, die Vifor unterbreitet hat, um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken wegen angeblicher Verunglimpfung des intravenösen Eisenpräparats Monofer seines engsten – und potenziell einzigen – Wettbewerbers in Europa, Pharmacosmos, auszuräumen.

Untersuchung der Kommission
Nach der Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens im Juni 2022 stellte die Kommission vorläufig fest, dass Vifor auf mehreren nationalen Märkten für intravenöse Eisenpräparate (Deutschland, Finnland, Irland, den Niederlanden, Österreich, Portugal, Rumänien, Schweden und Spanien) eine beherrschende Stellung innehat.

Die Kommission befürchtet, dass Vifor den Wettbewerb auf dem Markt für intravenöse Eisenpräparate eingeschränkt haben könnte, indem es Monofer, ein Arzneimittel seines engsten europäischen Wettbewerbers Pharmacosmos zur Behandlung von Eisenmangel, wettbewerbswidrig verunglimpft hat.

Der Kommission liegen Hinweise vor, dass Vifor über viele Jahre hinweg möglicherweise irreführende Informationen über die Sicherheit von Monofer verbreitet hat. Die Informationen richteten sich in erster Linie an Angehörige von Gesundheitsberufen und haben möglicherweise die Akzeptanz von Monofer im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in ungerechtfertigter Weise behindert. Vifor schien auf diese Weise den Wettbewerb, dem sein eigenes erfolgreiches hochdosiertes intravenöses Eisenpräparat Ferinject ausgesetzt ist, einschränken zu wollen.

Nach vorläufiger Auffassung der Kommission ist es möglich, dass das Verhalten von Vifor den Wettbewerb auf dem Markt für intravenöse Eisenpräparate eingeschränkt hat und somit einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung unter Verstoß gegen Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darstellt.

Verpflichtungsangebote
Um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission auszuräumen, hat Vifor die folgenden Verpflichtungsangebote unterbreitet:

>> Einleitung einer umfassenden, verschiedene Kanäle umfassenden Kommunikationskampagne, um die Folgen der potenziell irreführenden Informationen, die Vifor über die Sicherheit von Monofer verbreitet hat, zu korrigieren und zurückzunehmen. Insbesondere verpflichtet sich Vifor, i) zahlreichen Angehörigen von Gesundheitsberufen in den neun Mitgliedstaaten, in denen Vifor nach der vorläufigen Auffassung der Kommission eine beherrschende Stellung innehat, per E‑Mail, auf dem Postweg und in Präsenzsitzungen eine kurze und sachliche klarstellende Mitteilung zu machen, ii) die Mitteilung an gut sichtbarer Stelle auf seiner Website zu veröffentlichen, iii) die Mitteilung in führenden medizinischen Fachzeitschriften in jedem der betroffenen Mitgliedstaaten zu veröffentlichen und iv) Dritten, einschließlich Pharmacosmos, die Möglichkeit zu geben, diese Mitteilung bei Kontakten mit Angehörigen von Gesundheitsberufen zu verwenden;

>> zehn Jahre lang im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum davon abzusehen, im Wege externer Werbung oder medizinischer Kommunikation schriftlich oder mündlich andere Informationen zu dem Sicherheitsprofil von Monofer zu verbreiten als solche, die auf der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels basieren oder aus randomisierten kontrollierten klinischen Head-to-Head-Studien stammen;

>> eine Reihe von Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen, um die Einhaltung der Verpflichtungen zu gewährleisten, darunter die Einrichtung interner Mechanismen, mit denen im Vorfeld sichergestellt wird, dass alle einschlägige externe Werbung und medizinische Kommunikation sowie internes Schulungsmaterial mit den Verpflichtungen vereinbar sind.

Die Einhaltung der Verpflichtungsangebote soll von einem von Vifor ernannten Überwachungstreuhänder überwacht werden, der der Kommission über einen Zeitraum von zehn Jahren Bericht erstattet.

Die Kommission fordert alle betroffenen Marktteilnehmer auf, innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung der Zusammenfassung der Verpflichtungsangebote im Amtsblatt der EU dazu Stellung zu nehmen. Der vollständige Wortlaut der Verpflichtungsangebote wird auf der Website der Europäischen Kommission zur Wettbewerbspolitik abrufbar sein.

Hintergrund
Eisen unterstützt die Bildung gesunder roter Blutkörperchen, die Sauerstoff durch den Körper transportieren. Eisenmangel ist recht häufig, insbesondere bei Frauen und bei Personen mit einer eisenarmen Ernährung. Eine weitere Ursache können Blutverluste sein, beispielsweise durch einen Unfall. Die Arzneimittel Ferinject (Vifor Pharma) und Monofer (Pharmacosmos) sind hochdosierte Eisenpräparate zur intravenösen Anwendung und zur Behandlung von Eisenmangel indiziert, wenn beispielsweise orale Präparate nicht wirken oder nicht angewendet werden können.

Auslöser der Untersuchung war eine von Pharmacosmos bei der Kommission eingereichte Beschwerde.

Vifor ist ein weltweit tätiges Pharmaunternehmen, das zum Biotechnologiekonzern CSL gehört und weltweit Arzneimittel gegen Eisenmangel und Nierenkrankheiten sowie für kardiorenale Therapien entwickelt, herstellt und vertreibt. Das dänische Familienunternehmen Pharmacosmos ist ein Pharmaunternehmen, das sich auf die Behandlung von Eisenmangel spezialisiert hat.

Am 20. Juni 2022 leitete die Europäische Kommission ein förmliches Antitrust-Verfahren ein, um zu prüfen, ob Vifor den Wettbewerb durch eine rechtswidrige Verunglimpfung seines engsten Wettbewerbers auf dem europäischen Markt für intravenöse Eisenpräparate, Pharmacosmos, beschränkt haben könnte.

Am 8. April 2024 nahm die Kommission eine vorläufige Beurteilung an, in der die wichtigsten Fakten des Falls zusammengefasst und die vorläufigen wettbewerbsrechtlichen Bedenken dargelegt sind.

Artikel 102 AEUV – der auch von den nationalen Wettbewerbsbehörden angewendet werden kann – verbietet die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung, die den Handel innerhalb der EU beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder einschränken kann. Wie dieser Artikel umzusetzen ist, ist in der Verordnung 1/2003 festgelegt.

Nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung 1/2003 können Unternehmen, die von einer Untersuchung der Kommission betroffen sind, Verpflichtungen anbieten, um die Bedenken der Kommission auszuräumen. Die Kommission kann diese Verpflichtungsangebote dann für bindend für die Unternehmen erklären. Artikel 27 Absatz 4 der Verordnung 1/2003 sieht vor, dass die Kommission vor dem Erlass eines solchen Beschlusses den betroffenen Marktteilnehmern Gelegenheit gibt, zu den Verpflichtungsangeboten Stellung zu nehmen (sogenannter "Markttest").

Sollte der Markttest in der vorliegenden Sache ergeben, dass die Verpflichtungsangebote die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission hinreichend ausräumen, kann die Kommission einen Beschluss erlassen, mit dem sie die Verpflichtungen für Vifor für bindend erklärt. Mit einem solchen Beschluss würde nicht festgestellt, dass ein Verstoß gegen die EU-Kartellvorschriften vorliegt, sondern Vifor würde rechtlich zur Erfüllung seiner Zusagen verpflichtet.

Hält Vifor die Verpflichtungen nicht ein, so kann die Kommission eine Geldbuße von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens verhängen, ohne einen Verstoß gegen die EU-Kartellvorschriften feststellen zu müssen.

Diese Untersuchung ist das zweite Prüfverfahren der Kommission, in dem es um die Verunglimpfung von Konkurrenzprodukten geht, deren Markteintritt im Pharmasektor verhindert werden soll. So übermittelte die Kommission im Oktober 2022 Teva eine Mitteilung der Beschwerdepunkte wegen Missbrauchs des Patentsystems und Diskreditierung eines konkurrierenden Multiple-Sklerose-Medikaments mit dem Ziel, den Markteintritt und die Marktakzeptanz des Medikaments zu behindern.
(EU-Kommission: ra)

eingetragen: 24.05.24
Newsletterlauf: 15.07.24


Meldungen: Europäische Kommission

  • Angleichung der Schweiz an das EU-Recht

    Die Europäische Kommission unternahm einen wichtigen Schritt, um die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz zu stärken und auszubauen. Sie unterbreitete dem Rat Vorschläge zur Genehmigung der Unterzeichnung und des Abschlusses eines umfassenden Pakets von Abkommen, das einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Ratifizierung eines modernisierten Rahmens für die Zusammenarbeit darstellt.

  • Achtes illustratives Nuklearprogramm

    Die Umsetzung der Pläne der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Kernenergie wird erhebliche Investitionen in Höhe von rund 241 Mrd. EUR bis 2050 erfordern, sowohl für die Verlängerung der Lebensdauer bestehender Reaktoren als auch für den Bau neuer Großreaktoren. Zusätzliche Investitionen sind für kleine modulare Reaktoren (SMR), fortgeschrittene modulare Reaktoren (AMR) und Mikroreaktoren erforderlich, und die Kommission hat in ihrem achten illustrativen Nuklearprogramm (PINC) die Fusion für die längerfristige Zukunft bewertet.

  • Änderungen bei den DAWI-Vorschriften

    Die EU-Kommission ersucht um Rückmeldungen zu einer Überarbeitung der Beihilfevorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI), die dem Mangel an erschwinglichem Wohnraum entgegenwirken soll. Zur Überbrückung der Investitionslücke für erschwinglichen Wohnraum bedarf es großer Investitionen. Staatliche Beihilfemaßnahmen können einen Anreiz für die erforderlichen Investitionen bieten.

  • Glaubwürdige Wettbewerber

    Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme von Intelsat Holdings S.à r.l. ("Intelsat") durch SES S.A. ("SES") ohne Auflagen nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Nach Prüfung des Vorhabens kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Zusammenschluss keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gibt.

  • Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

    Die Europäische Kommission hat ihre Liste der Länder und Gebiete mit hohem Risiko aktualisiert, die strategische Mängel in ihren nationalen Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen. EU-Einrichtungen, die unter den AML-Rahmen fallen, müssen bei Transaktionen, an denen diese Länder beteiligt sind, verstärkte Wachsamkeit walten lassen. Dies ist wichtig, um das Finanzsystem der EU zu schützen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen