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Absoluter Gebietsschutz von Ahlers


EU-Kommission verhängt gegen Pierre Cardin und seinen Lizenznehmer Ahlers Geldbußen von 5,7 Mio. EUR wegen Beschränkung des grenzüberschreitenden Verkaufs von Bekleidung
Die Untersuchung der Kommission ergab, dass Pierre Cardin und Ahlers in den Jahren 2008 bis 2021 wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen und ihr Verhalten aufeinander abgestimmt haben



Die Europäische Kommission hat gegen Pierre Cardin und seinen größten Lizenznehmer Ahlers Geldbußen in Höhe von insgesamt 5,7 Mio. EUR verhängt, weil sie gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben, indem sie den grenzüberschreitenden Verkauf von Bekleidung der Marke Pierre Cardin sowie den Verkauf solcher Produkte an bestimmte Kunden beschränkt haben.

Der Kartellrechtsverstoß
Pierre Cardin ist ein französisches Modehaus, das Lizenzen für die Herstellung und den Vertrieb von Bekleidung dieser Marke an Dritte vergibt. Ahlers war während des Kartellrechtsverstoßes der größte Lizenznehmer für Bekleidung von Pierre Cardin im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass Pierre Cardin und Ahlers in den Jahren 2008 bis 2021 wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen und ihr Verhalten aufeinander abgestimmt haben, um Ahlers in den EWR-Ländern, in denen dieses Unternehmen über eine Lizenz von Pierre Cardin verfügte, vor Wettbewerb zu schützen. Damit verstießen beide Unternehmen gegen Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und gegen Artikel 53 des EWR-Abkommens.

Insbesondere stellte die Kommission fest, dass solche wettbewerbswidrigen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen darauf abzielten, andere Lizenznehmer von Pierre Cardin und deren Kunden daran zu hindern, Bekleidung der Marke Pierre Cardin offline oder online i) außerhalb ihrer Lizenzgebiete und/oder ii) an Einzelhändler mit Niedrigpreisstrategie (wie Discounter), die die Bekleidung den Verbrauchern zu günstigeren Preisen anbieten, zu verkaufen.

Das Ziel einer solchen Koordinierung zwischen Pierre Cardin und Ahlers bestand letztlich darin, den absoluten Gebietsschutz von Ahlers in den EWR-Ländern sicherzustellen, für die das Unternehmen Lizenzvereinbarungen mit Pierre Cardin hatte.

Diese illegalen Praktiken hindern Einzelhändler daran, Produkte in Mitgliedstaaten mit niedrigeren Preisen frei zu beziehen, und führen zu einer künstlichen Aufteilung des Binnenmarkts.

Geldbußen
Die Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 festgesetzt. Dabei berücksichtigte die Kommission verschiedene Faktoren, insbesondere die Schwere des Verstoßes, seine geografische Reichweite und seine Dauer.

Eine der Parteien machte nach Randnummer 35 der Geldbußenleitlinien von 2006 geltend, dass es die Geldbuße nicht zahlen könne. Nach eingehender Prüfung des Antrags gewährte ihr die Kommission eine Ermäßigung der Geldbuße.

Gegen die einzelnen Unternehmen wurden folgende Geldbußen verhängt:
Pierre Cardin: 2.237.000 Euro
Ahlers: 3.500.000 Euro
Insgesamt: 5.737.000 Euro

Hintergrund
Einzelhändler und andere Händler versuchen, Produkte in Mitgliedstaaten einzukaufen, in denen die Preise niedriger sind, um sie dann in anderen Mitgliedstaaten mit höheren Preisen wieder zu verkaufen. Dort sinken dadurch in der Regel die Preise. Beschränkungen des Parallelhandels können dazu führen, dass Hersteller oder Anbieter zum Nachteil der Verbraucher auf einem nationalen Markt höhere Preise verlangen können. Ferner kann die Produktvielfalt abnehmen. Daher stellen Beschränkungen des Parallelhandels nichtregulatorische Hindernisse für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts dar und zählen zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen.

Nach unangekündigten Nachprüfungen in den Geschäftsräumen von Ahlers am 22. Juni 2021 leitete die Kommission am 31. Januar 2022 ein förmliches Verfahren wegen möglicher wettbewerbswidriger Verhaltensweisen von Pierre Cardin und Ahlers ein. Am 31. Juli 2023 übermittelte die Kommission den Parteien eine Mitteilung der Beschwerdepunkte.

Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens verbieten wettbewerbswidrige Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder einschränken können.

Geldbußen für Unternehmen, die gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen, werden in den Gesamthaushaltsplan der EU eingestellt. Diese Einnahmen sind nicht für bestimmte Ausgaben vorgesehen. Stattdessen werden die Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt für das Folgejahr entsprechend gekürzt. Somit tragen die Geldbußen zur Finanzierung der EU bei und entlasten die Steuerzahler.

Schadensersatzklagen
Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten in dieser Sache betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates sind abschließende Beschlüsse der Kommission in Verfahren vor nationalen Gerichten ein verbindlicher Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Selbst wenn die Kommission gegen die Kartellbeteiligten eine Geldbuße verhängt hat, kann von nationalen Gerichten Schadensersatz zuerkannt werden, wobei die von der Kommission verhängte Geldbuße nicht mindernd angerechnet wird.

Die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen macht es für Opfer wettbewerbswidriger Verhaltensweisen einfacher, Schadensersatz zu erhalten.

Instrument für Hinweisgeber
Die Kommission hat ein Instrument eingerichtet, über das Einzelpersonen die Kommission leichter über wettbewerbswidriges Verhalten informieren können, ohne ihre Identität preisgeben zu müssen. Die Anonymität der Hinweisgeber (Whistleblower) wird durch ein ausgefeiltes Kommunikationssystem mit Verschlüsselung gewahrt, über das Mitteilungen ausgetauscht werden können. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 20.12.24
Newsletterlauf: 11.03.25


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