Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Fragen und Antworten: Vom Hof auf den Tisch


Neue Vorschriften für die Verwendung von Mikroorganismen in Pflanzenschutzmitteln
Was wurde von den Mitgliedstaaten gebilligt und was sind die nächsten Schritte?



Die Mitgliedstaaten haben vier Rechtsakte gebilligt, die das Genehmigungs- bzw. Zulassungsverfahren für biologische Pflanzenschutzmittel, die Mikroorganismen enthalten, vereinfachen werden. Hierdurch soll es Landwirten ermöglicht werden, chemische Pflanzenschutzmittel zu ersetzen.

Diese Rechtsakte spiegeln die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse wider und basieren auf den spezifischen biologischen Eigenschaften von Mikroorganismen.

Die Landwirte sind bestrebt, Zugang zu nachhaltigen Lösungen zum Schutz von Kulturpflanzen zu erhalten. Durch das vereinfachte Inverkehrbringen solcher biologischer Pflanzenschutzmittel werden den Landwirten – auch den Öko-Landwirten – mehr Alternativen für einen nachhaltigen Pflanzenschutz zur Verfügung stehen.

Mit diesen Rechtsakten leistet die Kommission einen Beitrag zur Erreichung der Ziele der Strategie "Vom Hof auf den Tisch".

Die Rechtsakte werden nun vom Europäischen Parlament und vom Rat geprüft. Wenn diese keine Einwände erheben, werden die Rechtsakte angenommen und im vierten Quartal 2022 anwendbar sein.

Was sind Mikroorganismen und wie können sie als Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt werden?
Mikroorganismen sind Bakterien, Pilze, Viren und Protozoen.

Bei einigen von ihnen handelt es sich um Parasiten oder Pathogene von Insekten oder anderen Organismen, die Schädlinge sind oder bei Pflanzen Krankheiten verursachen. Wegen ihrer biologischen Eigenschaften werden diese Mikroorganismen weltweit (auch in der EU) seit Jahrzehnten zur biologischen Bekämpfung von Schädlingen und Pflanzenkrankheiten eingesetzt.

Mikroorganismen kommen natürlich in der Umwelt vor. Die Stämme mit den besten Eigenschaften werden im Pflanzenschutz zur biologischen Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten eingesetzt.

Bevor der Einsatz von Mikroorganismen erlaubt wird, muss jedoch nachgewiesen werden, dass ihr Einsatz sicher ist und keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf andere Nichtzielorganismen hat.

Auf welche Weise fördern diese neuen Verordnungen den Marktzugang von Mikroorganismen, die in Pflanzenschutzmitteln verwendet werden?
Bislang beruhten die Anforderungen an Mikroorganismen auf Grundsätzen, die den Anforderungen an chemische Wirkstoffe sehr ähnlich waren.

Die neuen Rechtsakte folgen einem anderen Ansatz, der sich auf die Biologie und Ökologie jedes einzelnen Mikroorganismus stützt und den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung trägt. Auf diese Weise werden die rechtlichen Anforderungen an Mikroorganismen zweckmäßiger und flexibler gestaltet. Die Konzentration auf relevante Daten bedeutet darüber hinaus auch weniger Tierversuche, da diese in geringerer Zahl erforderlich sein werden.

Die biologischen Eigenschaften der Mikroorganismen spielen eine zentrale Rolle bei der Risikobewertung, und ein Großteil der in den neuen Durchführungsrechtsakten geforderten Daten ist von der Biologie und Ökologie des jeweiligen Mikroorganismus abhängig. In jedem Fall darf ein Mikroorganismus nur dann zur Verwendung genehmigt werden, wenn nachgewiesen ist, dass er bei Menschen oder Tieren keine Krankheit verursacht.

Zweckmäßigere und flexiblere Anforderungen erfordern zudem gestraffte Antragsdossiers, vereinfachte Risikobewertungen und kürzere Fristen für den Zugang zum EU-Markt.

Diese neuen Verordnungen beruhen auf den aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie machen die EU zu einer der weltweit fortschrittlichsten Regulierungsinstanzen für diese Produkte.

Auf welche Weise wird der Einsatz von Mikroorganismen zu den Zielen der Strategie "Vom Hof auf den Tisch" und des Grünen Deals beitragen, insbesondere für Landwirte?
Die Strategie "Vom Hof auf den Tisch" und der Grüne Deal verfolgen das Ziel, die Abhängigkeit von chemischen Pflanzenschutzmitteln und deren Einsatz zu verringern.

In Pflanzenschutzmitteln zur biologischen Schädlingsbekämpfung verwendete Mikroorganismen bieten den Landwirten Alternativen zu chemischen Pflanzenschutzmitteln. Sie können auch im ökologischen Landbau eingesetzt werden.

Die neuen Anforderungen dürften den Zugang zum EU-Markt für Mikroorganismen und für Pflanzenschutzmittel, die diese enthalten, beschleunigen.

Ist der Einsatz von Mikroorganismen in der Landwirtschaft sicher?
Mikroorganismen wurden von Menschen nahezu seit Anbeginn der Menschheit verwendet, zum Beispiel zur Herstellung von Brot, Käse, Bier und Wein.

In jüngerer Zeit wurde ihre Nutzung ausgeweitet. So können sie beispielsweise als Hauptbestandteile von Probiotika in Lebensmittel- und Futtermittelzusatzstoffen oder zur Herstellung medizinischer Wirkstoffe verwendet werden.

Mikroorganismen kommen natürlich in der Umwelt vor, und die meisten von ihnen sind unschädlich. Viele von ihnen spielen eine Schlüsselrolle in den Ökosystemen, indem sie beispielsweise organische Stoffe im Boden zersetzen und so für andere Organismen nutzbar machen oder indem sie den Boden mit atmosphärischem Stickstoff anreichern ("Stickstoff-Fixierung") und so für Pflanzen nutzbar machen.

Mikroorganismen, ebenso wie alle anderen in Pflanzenschutzmitteln verwendeten Wirkstoffe, dürfen nur dann zur Verwendung genehmigt werden, wenn sie die Genehmigungskriterien der Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln erfüllen.

Die Mitgliedstaaten, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und die Kommission bewerten jeden Wirkstoff im Hinblick auf seine Sicherheit für Mensch und Umwelt, bevor er in Verkehr gebracht und in einem Pflanzenschutzmittel verwendet werden darf. In einem zweiten Regulierungsschritt erteilen die Mitgliedstaaten für jedes Pflanzenschutzmittel, das genehmigte Wirkstoffe enthält, eine Zulassung für den vorgesehenen Verwendungszweck.

Derzeit sind in der EU mehr als 60 Mikroorganismen genehmigt, nachdem eine wissenschaftliche Risikobewertung ergeben hat, dass ihre Verwendung in Pflanzenschutzmitteln sicher ist.

Für Viren können ebenfalls Genehmigungen erteilt werden. Ist das sicher?
In der EU sind derzeit einige Viren mit hochspezifischer Wirkung auf Insekten oder Pflanzen für Pflanzenschutzzwecke genehmigt und haben sich seit vielen Jahren als sicher erwiesen. Da sie hochspezifisch gegen eine kleine Gruppe von Pflanzenschädlingen wirken, können sie Menschen oder andere Organismen, die keine Pflanzenschädlinge sind, nicht infizieren.

Viren, ebenso wie andere Mikroorganismen, werden keinesfalls genehmigt, wenn sie beim Menschen Krankheiten verursachen. Die Mitgliedstaaten und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewerten vor der Genehmigung deren Sicherheit für die menschliche Gesundheit und die Umwelt.

Sind Pflanzenschutzmittel mit Mikroorganismen genauso wirksam wie Chemikalien?
Biologische Pflanzenschutzmittel, die Mikroorganismen enthalten, können weniger wirksam als Chemikalien sein, beispielsweise wegen ihres engen Wirtsspektrums und weil sie als lebende Organismen optimale Bedingungen brauchen, um die Schädlinge erfolgreich zu bekämpfen. Dies macht sie auch inhärent sicherer als Chemikalien.

Eine zentrale Rolle spielen solche biologischen Alternativen im ökologischen Landbau, wo Landwirte Mikroorganismen als biologische Schädlingsbekämpfungsmittel einsetzen können. Mikroorganismen haben auch entscheidende Bedeutung für die Integrierte Schädlingsbekämpfung (IPM), deren Grundsätze die Landwirte in der EU befolgen müssen. Landwirte müssen bevorzugt Vorbeugungs- und Überwachungsmaßnahmen sowie biologische Pflanzenschutzalternativen (einschließlich Mitteln auf Basis von Mikroorganismen) anwenden, bevor sie chemische Pflanzenschutzmittel einsetzen.

Die IPM verfolgt außerdem das Ziel, den Einsatz von Pestiziden und andere Interventionsformen auf ein wirtschaftlich und ökologisch gerechtfertigtes Maß zu beschränken, und weitere Maßnahmen wie etwa Fruchtfolgen oder die Auswahl geeigneter Cultivare und Anbautechniken könnten ebenfalls angewandt werden.

Wird sich dies auf den ökologischen Landbau auswirken?
Der ökologische Landbau ist ein Schlüsselsektor der Landwirtschaft in der EU. Im Jahr 2019 gab es in der EU fast 330 000 Öko-Landwirte, die bis zu 20 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche in den Mitgliedstaaten bewirtschafteten. Eines der Ziele der Strategie "Vom Hof auf den Tisch" ist die Steigerung des Anteils der ökologisch bewirtschafteten Flächen an der landwirtschaftlich genutzten Gesamtfläche in der EU dahingehend, dass bis 2030 mindestens 25 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen in der EU ökologisch bewirtschaftet werden sollen.

Biologische Pflanzenschutzmittel dürfen im ökologischen Landbau eingesetzt werden. Die neuen Verordnungen werden den Marktzugang für Mikroorganismen in biologischen Pflanzenschutzmitteln beschleunigen und so den Öko-Landwirten in der EU neue nachhaltige Alternativen zur Bekämpfung von Pflanzenschädlingen bieten. (Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 16.03.22
Newsletterlauf: 10.05.22


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Durchsetzung des Kartellrechts

    Die Europäische Kommission hat die Evaluierungsergebnisse für die EU-Verordnungen, in denen die Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften festgelegt sind (Verordnungen 1/2003 und 773/2004), in Form einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen veröffentlicht.

  • Halbleiterfertigungsanlage in Dresden

    Die Europäische Kommission hat eine 5 Mrd. EUR schwere deutsche Maßnahme zur Unterstützung der European Semiconductor Manufacturing Company ("ESMC") beim Bau und Betrieb eines Mikrochip-Werks in Dresden nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt.

  • Einfuhren von Elektrofahrzeugen

    Im Rahmen ihrer laufenden Antisubventionsuntersuchung hat die Europäische Kommission den interessierten Parteien heute den Entwurf ihrer Entscheidung zur Einführung endgültiger Ausgleichszölle auf die Einfuhren batteriebetriebener Elektrofahrzeuge aus China offengelegt.

  • Transparenz der Werbung

    Die EU-Kommission hat X von ihrer vorläufigen Auffassung in Kenntnis gesetzt, dass es in Bereichen im Zusammenhang mit "Dark Patterns", Transparenz der Werbung sowie Datenzugang für Forschende gegen das Gesetz über digitale Dienste (DSA) verstößt.

  • Lebensmittel-Lieferdiensten in Europa

    Die Europäische Kommission hat ein förmliches Kartellverfahren eingeleitet, um zu prüfen, ob Delivery Hero und Glovo durch Beteiligung an einem Kartell im Bereich der Online-Bestellung und -Lieferung von Mahlzeiten, Lebensmitteln und sonstigen Verbrauchergütern im Europäischen Wirtschaftsraum ("EWR") gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen haben. Delivery Hero und Glovo zählen zu den größten Lebensmittel-Lieferdiensten in Europa. Delivery Hero hielt ab Juli 2018 eine Minderheitsbeteiligung an Glovo, bis es im Juli 2022 die alleinige Kontrolle über das Unternehmen erwarb.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen