Umstrukturierungen der Banken fortzusetzen
Staatliche Beihilfen: Kommission verlängert Krisenvorschriften für Banken
Verschärfung der angespannten Lage auf den Staatsanleihemärkten hat die Banken in der Union erneut unter Druck gebracht hat
(12.12.11) - Die Europäische Kommission hat eine Reihe vorübergehender Beihilfenvorschriften für die Prüfung der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für Finanzinstitute während der Krise überarbeitet und verlängert. In der neuen Kommissionsmitteilung wird insbesondere erläutert, wie eine angemessene Vergütung des Staates sicherzustellen ist, wenn (wie dies in Zukunft häufiger der Fall sein könnte) die Mitgliedstaaten beschließen, für die Rekapitalisierung ihrer Banken Mittel (z. B. Stammaktien) einzusetzen, deren Vergütung nicht vorab festgelegt ist. Zudem wurde die Methode für die Berechnung von Refinanzierungsgarantien geändert, die am häufigsten zur Stützung eingesetzt werden. Die neue Methode soll sicherstellen, dass die von den Banken entrichteten Garantievergütungen das intrinsische Risiko und nicht das Risiko des betreffenden Mitgliedstaats oder des gesamten Marktes widerspiegeln. Die überarbeiteten Vorschriften werden so lange gelten, wie es die Marktbedingungen erfordern.
In den Jahren 2008 und 2009 nahm die Europäische Kommission zur Wahrung der Finanzstabilität besondere Vorschriften an, damit die Mitgliedstaaten das Bankensystem während der Finanzkrise stützen konnten, ohne den Wettbewerb im Binnenmarkt übermäßig zu verzerren. Die Krisenvorschriften haben sich bewährt: die Banken nehmen Umstrukturierungen vor, wenn sie zur Sicherstellung ihrer langfristigen Rentabilität ihr Geschäftsmodell ändern müssen (z. B. weil sie zu hohe Risiken eingegangen sind). Durch die Auflage einer angemessenen Lastenverteilung auf die Anteilseigner und die Inhaber von Hybridkapital hat die Kommission letztendlich auch dafür gesorgt, dass weniger Steuergelder für die Banken verwendet wurden.
"Da eine weitere Verschärfung der angespannten Lage auf den Staatsanleihemärkten die Banken in der Union erneut unter Druck gebracht hat, mussten die Krisenvorschriften verlängert werden. Zudem soll damit die Umsetzung des Maßnahmenpakets erleichtert werden, das vom Europäischen Rat im Oktober vereinbart wurde, um das Vertrauen in den Bankensektor wiederherzustellen und die erforderlichen Umstrukturierungen der Banken fortzusetzen", erklärte der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission, Joaquín Almunia, und fügte hinzu: "Wir werden auch künftig darauf bestehen, dass die Umstrukturierungen und Bilanzbereinigungen durchgeführt werden, die notwendig sind, um den Teufelskreis zwischen Staatsschuldenkrise und schwachem Finanzsektor zu durchbrechen. Bei der Anwendung der Krisenvorschriften wird die Kommission alle Anzeichen dafür, dass die betreffende Bank auch ohne eine umfangreiche Umstrukturierung langfristig wieder rentabel sein kann, umfassend berücksichtigen."
Mit der von der Kommission angenommenen Mitteilung über die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Banken im Kontext der Finanzkrise, die ab dem 1. Januar 2012 gelten wird, haben auch die vier Kommissionsmitteilungen, in denen die Vereinbarkeitskriterien für staatliche Beihilfen in Form von Refinanzierungsgarantien, Rekapitalisierungsmaßnahmen und Entlastungsmaßnahmen für wertgeminderte Vermögenswerte dargelegt und die Anforderungen an einen Umstrukturierungs- oder Rentabilitätsplan erläutert sind (Umstrukturierungsmitteilung), weiterhin Bestand.
Die Kommission wird auch künftig für Maßnahmen, die für die Wahrung der Finanzstabilität erforderlich sind, zügig befristete Genehmigungen erteilen, sofern die Kriterien ihrer Mitteilungen erfüllt sind.
Weitere Informationen
Da sich im Sommer 2011 die bereits angespannte Lage auf den Märkten für Staatsanleihen weiter verschärfte und der Bankensektor in der Union daraufhin erneut unter Druck geriet, mussten die Krisenvorschriften verlängert werden. Damit soll auch die Umsetzung des im Oktober von den EU-Staats- und Regierungschefs vereinbarten "Bankenpakets" untermauert werden. Das Maßnahmenpaket zur Wiederherstellung des Vertrauens in den Bankensektor umfasst Garantien für längerfristige Finanzierungen und einen vorübergehenden Kapitalpuffer, der einer unter Berücksichtigung des Marktwerts von Staatsanleihen berechneten Eigenkapitalquote von 9 Prozent Kapital höchster Güte entspricht.
Angesichts finanzaufsichtsrechtlicher Änderungen und der sich wandelnden Marktbedingungen rechnet die Kommission damit, dass staatliche Kapitalzuführungen künftig häufiger in Form von Aktien mit variabler Vergütung erfolgen werden. Da solche Aktien in Form von Dividenden und Kapitalgewinnen vergütet werden, die per definitionem vorab nicht feststehen, wird erläutert, wie sie anhand von Marktdaten zu bewerten sind, um dem Staat eine hinreichende Gewähr für eine angemessene Vergütung geben zu können. Die Aktien sollten vom Staat mit einem angemessenen Abschlag vom letzten Aktienpreis gezeichnet werden.
Die Höhe des Abschlags sollte sich u. a. nach dem Umfang der Kapitalzuführung im Verhältnis zum vorhandenen Kapital der Bank richten und davon abhängen, ob es sich um stimmberechtigte oder stimmrechtslose Aktien handelt. Da Banken im Falle hybrider Kapitalinstrumente unter Umständen nicht in der Lage sein können, die vereinbarte Vergütung kurzfristig zu entrichten, sollte ein alternativer Kuponzahlungsmechanismus (alternative coupon satisfaction mechanism – ACSM) vorgesehen werden, bei dem Kupons, die nicht bar ausgezahlt werden können, durch neu ausgegebene Aktien bedient werden.
Die Kommission hat auch die Erläuterungen zu den von Banken für Garantien zu entrichtenden Vergütungen überarbeitet, damit die Beihilfen auf das erforderliche Minimum begrenzt sind und dem Risiko für die öffentlichen Finanzen Rechnung getragen wird. Mit der überarbeiteten Methode wird die Vergütung berechnet, die bei auf einzelstaatlicher Ebene gewährten Garantien mindestens in Rechnung gestellt werden sollte. Die neuen Vorschriften gelten für Garantien, die für Schuldtitel mit einer Laufzeit zwischen einem und fünf Jahren (bzw. sieben Jahren bei gedeckten Schuldverschreibungen) gewährt werden. Die Vorschriften für Schuldtitel mit kürzeren Laufzeiten bleiben unverändert.
Umstrukturierungspläne
Die Kommission wird weiterhin von den Mitgliedstaaten verlangen, dass sie für alle Banken, die von den Mitgliedstaaten oder der Europäischen Union eine staatliche Unterstützung in Form einer Rekapitalisierungs- oder Entlastungsmaßnahme erhalten, einen Umstrukturierungsplan (bzw. die Aktualisierung eines bereits genehmigten Umstrukturierungsplans) vorlegen. Dies gilt unabhängig vom Umfang und vom Grund der Unterstützung. Die Kommission wird anhand einer unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit erfolgenden Prüfung feststellen, ob die Umstrukturierung für die langfristige Rentabilität der betreffenden Banken erforderlich ist. Dabei wird sie insbesondere berücksichtigen, ob die Kapitalknappheit im Wesentlichen auf ein erschüttertes Vertrauen in Staatsanleihen zurückzuführen ist, ob die Kapitalzuführung auf den Betrag begrenzt ist, den eine ansonsten rentabel arbeitende Bank für den Ausgleich der Verluste aus der Neubewertung von Staatsanleihen der EWR-Mitgliedstaaten benötigt, und ob die betreffende Bank beim Kauf von Staatsanleihen kein übermäßiges Risiko eingegangen ist.
Banken, die keine öffentliche Unterstützung in Form einer Rekapitalisierungs- oder Entlastungsmaßnahme erhalten haben, denen aber eine staatliche Refinanzierungsgarantie gewährt wurde, müssen keine Umstrukturierungspläne vorlegen. Nur Banken, die in großem Umfang staatliche Garantien für ihre Verbindlichkeiten in Anspruch nehmen, müssen auch künftig der Kommission Rentabilitätsberichte vorlegen.
Hintergrund
Die ersten Krisenvorschriften wurden 2008 und 2009 angenommen, um die nach dem Zusammenbruch von Lehman Brother ausgebrochene Finanzkrise in den Griff zu bekommen. Die in der Bankenmitteilung, der Rekapitalisierungsmitteilung, der Impaired-Assets-Mitteilung und der Umstrukturierungsmitteilung dargelegten Vorschriften wurden auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eingeführt, nach dem staatliche Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats mit dem Binnenmarkt vereinbar sind.
Diese Krisenvorschriften wurden bereits zweimal an neue Gegebenheiten angepasst. Zunächst wurden im Juli 2010 die Garantievergütungen angehoben, um das Risikoprofil der Begünstigten stärker zu berücksichtigen und eine zu starke Abhängigkeit von einem Instrument zu vermeiden, das ein hohes potenzielles Risiko für die öffentlichen Haushalte birgt. Im Dezember 2010 wurden diese Vorschriften dann um ein Jahr verlängert und mit der Auflage verknüpft, dass alle durch eine Rekapitalisierungs- oder Entlastungsmaßnahme unterstützten Banken unabhängig vom Umfang der erhaltenen Unterstützung einen Umstrukturierungsplan vorlegen müssen. (Europäische Kommission: ra)
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