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Wettbewerb bei Festplattenlaufwerke


Fusionskontrolle: Kommission genehmigt Übernahme der Festplatten-Sparte von Hitachi durch Western Digital unter Auflagen
Die Genehmigung ist an die Auflage geknüpft, dass Western Digital wesentliche Produktionsanlagen für 3,5-Zoll-Festplattenlaufwerke (HDD), u. a. eine Fertigungsstätte, veräußert und bestimmte begleitende Maßnahmen ergreift


(05.12.11) - Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme des vor kurzem in Viviti Technologies umfirmierten Unternehmens Hitachi Global Storage Technology (HGST), einer Tochtergesellschaft von Hitachi Singapur, durch den US-amerikanischen Konkurrenten Western Digital nach der EU-Fusionskontrollverordnung freigegeben. Die Genehmigung ist an die Auflage geknüpft, dass Western Digital wesentliche Produktionsanlagen für 3,5-Zoll-Festplattenlaufwerke (HDD), u. a. eine Fertigungsstätte, veräußert und bestimmte begleitende Maßnahmen ergreift. Die Übernahme von Viviti darf erst vollzogen werden, wenn ein geeigneter Käufer gefunden ist, dem die Kommission zugestimmt hat.

"Festplattenlaufwerke sind ein wesentlicher Bestandteil von Computern und anderen modernen elektronischen Geräten, weil sie als Speichermedien für die immer größer werdenden Datenmengen unserer digitalen Wirtschaft dienen. Durch die zugesagte Veräußerung wird sichergestellt, dass der Wettbewerb in diesem Wirtschaftszweig vor dem Vollzug des Zusammenschlusses vollständig wiederhergestellt wird", so der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia.

Bei ihrer eingehenden Prüfung stellte die Kommission fest, dass es getrennte globale Märkte für HDDs gibt, was einerseits im HDD-Format (3,5 oder 2,5 Zoll) und andererseits im Endverwendungszweck (z. B. Desktop-PCs, Laptops, Unterhaltungselektronik oder unternehmens- bzw. auftragskritische Anwendungen) begründet ist. Die Prüfung ergab für den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) außerdem einen gesonderten Markt für externe Festplattenlaufwerke (auch XHDDs), der dem HDD-Markt nachgelagert ist.

Auf den Märkten für 3,5-Zoll-HDDs für Desktop-Computer bzw. Geräte der Unterhaltungselektronik würde das neu formierte Unternehmen lediglich mit dem kürzlich aus dem Zusammenschluss von Seagate und Samsung hervorgegangenen Unternehmen konkurrieren müssen. Dies ist allerdings problematisch, weil die meisten Abnehmer auf diesen Märkten aus Gründen der Versorgungssicherheit HDDs aus verschiedenen Lieferquellen beziehen. Toshiba ist erst seit kurzem auf dem Markt für unternehmenskritische 3,5-Zoll-HDDS vertreten, so dass nicht sicher ist, ob es denselben Wettbewerbsdruck wie derzeit Viviti ausüben könnte.

Um eine Genehmigung durch die Kommission zu ermöglichen, bot Western Digital an, wesentliche Produktionsanlagen für die Fertigung von 3,5-Zoll-HDDs, u. a. eine Fertigungsstätte, zu veräußern. Zu den begleitenden Maßnahmen gehören die Übertragung bzw. Lizenzierung der gewerblichen Schutzrechte, die von dem zu veräußernden Unternehmensteil genutzt werden, Personaltransfer und die Lieferung von HDD-Komponenten an die zu veräußernde Unternehmenssparte. Western Digital hat zugesagt, die geplante Übernahme von HGST erst zu vollziehen, wenn eine bindende Vereinbarung über die Veräußerung der betreffenden Sparte mit einem geeigneten, von der Kommission gebilligten Käufer geschlossen ist.

Die Kommission kam zu dem Schluss, dass das Vorhaben in der durch die Verpflichtungszusagen geänderten Form den wirksamen Wettbewerb im EWR nicht erheblich beeinträchtigen wird.

Hintergrund
Western Digital hat die geplante Übernahme von HGST am 20. April 2011 bei der Kommission angemeldet. Da die Anmeldungen nach Datum bearbeitet werden ("first come, first served") , wurde dieser Zusammenschluss unter Berücksichtigung der Übernahme Seagate/Samsung geprüft, die denselben Wirtschaftszweig betrifft, einen Tag zuvor angemeldet wurde und von der Kommission am 19. Oktober genehmigt worden ist. Nach dem Seagate/Samsung-Zusammenschluss gibt es weltweit noch vier HDD-Anbieter: Western Digital, HGST, das aus dem Zusammenschluss Seagate/Samsung entstandene Unternehmen und Toshiba. Durch den Zusammenschluss von Western Digital und Hitachi würde sich die Zahl der Wettbewerber auf einigen Märkten auf drei, auf anderen auf zwei reduzieren. Die Kommission befürchtete, dass das Vorhaben sich negativ auf die Preise und die Verbraucher in Europa auswirken würde, und leitete deshalb im Mai 2011 eine eingehende Untersuchung ein. Die beteiligten Unternehmen erhielten am 18. August eine entsprechende Mitteilung der Beschwerdepunkte.

Festplattenlaufwerke ("HDDs") ermöglichen Datenspeicherung und Datenzugang. Sie werden in Desktop-Computer und Laptops, in Geräte der Unterhaltungselektronik, wie digitale Videorecorder, und in Server und in Rechenzentren von Unternehmen eingebaut. Externe Festplattenlaufwerke ("XHDDs") sind Produkte, die an Endverbraucher verkauft werden. Mit externen Speichermedien können Verbraucher die Speicherkapazität von Computern, kleinen Netzen und Geräten der Unterhaltungselektronik erweitern. Ihre Hauptkomponente sind HDDs. Festkörperlaufwerke oder Solid-State-Drives ("SSDs") sind Speichermedien, die eine andere Technologie, sogenannte Flash-Speicher, verwenden. Aufgrund ihrer modernen technischen Merkmale zeichnen sie sich durch schnelleren Zugriff und größere Zuverlässigkeit aus, sind aber auch erheblich teurer als HDDs.

Western Digital entwickelt, produziert und verkauft HDDs, SSDs, XHDDs und Media Player. Das Unternehmen stellt außerdem Hauptkomponenten von HDDs, u. a. Schreib-/Leseköpfe und Medien, her.

Hitachi Global Storage Technologies ("HGST") , das kürzlich in Viviti Technologies umfirmierte, ist eine 100%ige Tochter von Hitachi, Ltd., die HDDs und SSDs sowie Marken-XHDDs entwickelt und herstellt sowie wichtige HDD-Komponenten wie Schreib-/Leseköpfe und Medien produziert.

Fusionskontrollvorschriften und -verfahren
Die Kommission ist verpflichtet, Fusionen und Übernahmen von Unternehmen zu prüfen, deren Umsatz bestimmte Schwellenwerte übersteigt (vgl. Artikel 1 der Fusionskontrollverordnung ), und Zusammenschlüsse zu untersagen, die den wirksamen Wettbewerb im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindern würden.

Der weitaus größte Teil der Zusammenschlüsse ist wettbewerbsrechtlich unbedenklich und wird nach einer Routineprüfung genehmigt. Nach der Anmeldung muss die Kommission in der Regel innerhalb von 25 Arbeitstagen entscheiden, ob sie den Zusammenschluss genehmigt (Phase I) oder ein eingehendes Prüfverfahren (Phase II) einleitet.

Derzeit laufen drei weitere eingehende Prüfverfahren: Im ersten prüft die Kommission die geplante Übernahme von NYSE Euronext durch die Deutsche Börse (Frist: 23. Januar 2012). Im zweiten Verfahren wird das Übernahmevorhaben von Johnson and Johnson geprüft, das Synthes übernehmen will. Beide Firmen sind in den USA ansässig und im Bereich orthopädische Medizinprodukte tätig (Frist: 19. März 2012). Die letzte eingehende Untersuchung wurde vor einigen Tagen eingeleitet und betrifft den Kontrollerwerb des deutschen Unternehmens Südzucker über den Zuckerhändler ED&F MAN (Frist: 23. März 2012). (Europäische Kommission: ra)


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