Ungarn: Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde
Ungarn: Schwerwiegende Fragen im Zusammenhang mit potenziellen Verstößen gegen EU-Rechtsvorschriften offen
Europäische Kommission setzt beschleunigte Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten und mit Maßnahmen im Justizwesen fort und fordert zusätzliche Informationen zur Unabhängigkeit der Zentralbank
(22.03.12) - Nach Ungarns Antwort auf drei Aufforderungsschreiben vom 17. Januar 2012 und ihrer rechtlichen Analyse hat die Europäische Kommission weitere Schritte beschlossen. Ungarns Zusage, die sich auf die Unabhängigkeit der Zentralbank auswirkenden nationalen Rechtsvorschriften zu ändern, trägt einigen der wichtigsten Bedenken der Kommission Rechnung. Ungarn muss diese Zusagen nun in die Tat umsetzen und dies durch neue Rechtsvorschriften nachweisen. Zudem muss sich das Land zu weiteren Maßnahmen verpflichten und zusätzliche Informationen liefern. Davon wird abhängen, was die Kommission als nächstes beschließt. Bedenken hat die Kommission nach wie vor auch in Bezug auf Maßnahmen, die das Justizwesen und die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten betreffen.
Deswegen hat die Kommission beschlossen, Ungarn zwei mit Gründen versehene Stellungnahmen – damit ist die zweite Phase des EU-Vertragsverletzungsverfahrens erreicht, nach der die Angelegenheit vor den Gerichtshof der Europäischen Union gebracht werden kann – und zwei Verwaltungsschreiben zuzusenden. Die mit Gründen versehenen Stellungnahmen betreffen die Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde sowie Maßnahmen zur Herabsetzung des Renteneintrittsalters für Richter, die dazu führen würden, dass 274 Richter und Staatsanwälte vorzeitig in den Ruhestand versetzt würden. In den beiden Verwaltungsschreiben werden weitere Klarstellungen zur Unabhängigkeit der Justiz und zur Unabhängigkeit der Zentralbank verlangt.
Hierzu sagte Vizepräsidentin und EU-Justizkommissarin Viviane Reding: "Ungarn hat zwar auf einige der rechtlichen Bedenken der Kommission reagiert, doch es sind nach wie vor einige schwerwiegende Fragen im Zusammenhang mit potenziellen Verstößen gegen EU-Rechtsvorschriften offen. Diese betreffen die frühzeitige Zwangspensionierung von 274 Richtern und Staatsanwälten in Ungarn sowie die Unabhängigkeit der ungarischen Datenschutzbehörde. Nachdem die Kommission nun die zweite Phase des Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet hat, müssen die ungarischen Behörden die rechtlichen Bedenken der Kommission zügig ausräumen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die betreffenden nationalen Rechtsvorschriften tatsächlich geändert werden."
Vizepräsident Olli Rehn, EU-Wirtschafts- und Währungskommissar, äußerte sich hierzu wie folgt: "Ich begrüße Ungarns Bereitschaft, seine Rechtsvorschriften über die Zentralbank zu korrigieren. Wir brauchen jedoch eindeutige Verpflichtungen und entsprechende Nachweise in den neuen Gesetzgebungsentwürfen. Je nachdem, wie die Antwort auf unser diesbezügliches Schreiben ausfällt, wird die Kommission entscheiden, ob das Vertragsverletzungsverfahren fortgesetzt oder eingestellt wird."
Angesichts der Dringlichkeit der Angelegenheit (die betreffenden nationalen Gesetze sind bereits in Kraft) hat die Kommission die Frist, die Ungarn zur Beantwortung der mit Gründen versehenen Stellungnahmen und der Verwaltungsschreiben zusteht, von den üblichen zwei Monaten auf einen Monat verkürzt. (Europäische Kommission: ra)
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