Am demokratischen Prozess teilhaben
Europäische Kommission will die EU-Bürgerinitiative und die Parteienfinanzierung reformieren
In Zukunft soll es leichter werden, eine Bürgerinitiative auf EU-Ebene zu organisieren
Die EU-Kommission will die Europäische Bürgerinitiative und die Parteienfinanzierung auf europäischer Ebene reformieren. Diese Reform hatte EU-Kommissionspräsident Juncker bereits in seiner Rede zur Lage der Union am Mittwoch angekündigt. Der erste Vizepräsident Frans Timmermans hat konkrete Vorschläge dazu unterbreitet.
"Mit diesen Vorschlägen gewährleisten wir, dass die europäischen Bürger am demokratischen Prozess teilhaben können", sagte Timmermans. "Wir wollen erreichen, dass die Europäische Bürgerinitiative für alle Europäer leichter zugänglich wird, und bieten durch die Herabsetzung des Mindestalters von 18 auf 16 Jahre weiteren 10 Millionen jungen Europäern die Möglichkeit, sich zu engagieren und einen Beitrag zur Gestaltung der politischen Agenda der EU zu leisten. Gleichzeitig wird unsere Reform der politischen Parteien sicherstellen, dass die europäische Bevölkerung besser über die Verbindung zwischen nationalen und europäischen Parteien informiert ist und die Parteienfinanzierung den demokratischen Entscheidungen der Bürger bei den Wahlen zum Europäischen Parlament angemessen Rechnung trägt."
Eine nutzerfreundlichere Europäische Bürgerinitiative
In Zukunft soll es leichter werden, eine Bürgerinitiative auf EU-Ebene zu organisieren. Die Kommission wird enger mit den Organisatoren zusammenarbeiten und die Zulässigkeit ihrer Registrierungsanträge sicherstellen. Ein kostenloses Online-Sammelsystem für die Datenerfassung wird bereitgestellt, damit Bürger die Initiative mittels elektronischer Identifizierung (eID) unterstützen können. Außerdem wird die Kommission alle Initiativen in alle EU-Sprachen übersetzen lassen. Die Zahl der erforderlichen Formulare wird stark reduziert. Mit dem Vorschlag der Kommission wird auch das Mindestalter für die Unterstützung einer Initiative von 18 auf 16 Jahre gesenkt, sodass mit einem Mal zehn Millionen neue potenzielle Unterstützer zur Teilnahme aufgefordert sind.
Die Europäische Bürgerinitiative wurde mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt. Seit April 2012 haben die Bürgerinnen und Bürger Europas die Möglichkeit, ein bestimmtes Thema auf die politische Tagesordnung der Kommission setzen zu lassen. Ist eine Europäische Bürgerinitiative formal registriert, so können eine Million Bürger aus mindestens einem Viertel der EU-Mitgliedstaaten die Europäische Kommission auffordern, im Rahmen der Befugnisse der Kommission einen Rechtsakt vorzulegen. Hat eine Initiative die erforderliche Zahl an Unterstützungsbekundungen erreicht, legt die Kommission in einer Mitteilung dar, ob sie beabsichtigt, Folgemaßnahmen zu ergreifen und warum. Die Kommission hatte bereits 2014 die Funktionsweise verbessert. Seitdem müssen alle Beschlüsse zu Bürgerinitiativen auf politische Ebene im Kollegium der Kommissare getroffen werden.
Finanzierung politischer Parteien auf europäischer Ebene
Die Vorschläge der Kommission sehen eine engere Verknüpfung zwischen der tatsächlich erreichten Vertretung der Parteien nach der Wahl und der Finanzierung vor, indem der Anteil der Mittel, der in Abhängigkeit vom Wahlergebnis gewährt wird, von 85 Prozent auf 95 Prozent angehoben wird. Gegenwärtig werden 15 Prozent der gesamten verfügbaren Mittel gleichmäßig auf alle Parteien aufgeteilt, ungeachtet der Zahl der Wähler, die sie vertreten.
Die Vorschläge gewährleisten auch eine größere Transparenz der Verbindung zwischen nationalen und europäischen politischen Parteien für die EU-Bürger, da sie die nationalen Parteien verpflichten, auf ihren Websites klar sichtbar das Logo und das politische Programm der europäischen Partei, der sie angehören, zu veröffentlichen. Ebenso muss die betreffende Partei auch die Geschlechterverteilung unter ihren Mitgliedern des Europäischen Parlaments angeben.
Die vorgeschlagenen Änderungen sollen für mehr Transparenz sorgen, damit die Bürger genau wissen, für wen sie ihre Stimme abgeben Sie sollen für mehr demokratische Legitimität sorgen, damit die Parteienfinanzierung besser den Willen der europäischen Wählerschaft widerspiegelt, und für eine bessere Rechtsdurchsetzung, damit Missbrauch geahndet wird und Mittel zurückgefordert werden können. Diese Vorschläge sollten vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2019 in Kraft gesetzt werden.
"Allzu oft war der Europawahlkampf nicht mehr als die Summe der nationalen Kampagnen. Die europäische Demokratie hat etwas Besseres verdient. Wir sollten nicht extremen anti-europäischen Gruppen die Kassen zu füllen, sondern vielmehr europäischen Parteien bessere Möglichkeiten geben, sich zu organisieren. Wir müssen dafür sorgen, dass zwischen dem, was in diesem Hause geschieht, und dem, was im Wahlkampf gesagt wird, ein engerer Zusammenhang besteht.
Ich halte auch europaweite, transnationale Listen für eine gute Idee, auch wenn mir bewusst ist, dass einige von Ihnen damit nicht einverstanden sind. Solche Listen würden dazu beitragen, die Europawahlen europäischer und demokratischer zu machen", hatte Präsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union gesagt.
Politische Parteien auf europäischer Ebene tragen gemäß dem Vertrag über die Europäische Union "zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union bei". Die Verordnung über das Statut und die Finanzierung europäischer politischer Parteien und europäischer politischer Stiftungen wurde 2014 verabschiedet, um die Sichtbarkeit, Anerkennung, Effizienz, Transparenz und Rechenschaftspflicht europäischer politischer Parteien und Stiftungen zu verstärken.
Unter bestimmten Voraussetzungen wird politischen Parteien und Stiftungen die Möglichkeit eingeräumt, durch Eintragung auf europäischer Ebene europäischen Rechtsstatus zu erlangen und damit einen besseren Zugang zu Finanzhilfen der EU zu erhalten. Zu diesen Bedingungen gehört die Vertretung in einer ausreichenden Zahl von EU-Mitgliedstaaten und die Achtung der Werte, auf die sich die EU gründet, sowohl in ihrem Programm wie in ihren Tätigkeiten.
Weitere Schritte
Die beiden von der Kommission vorgelegten Legislativvorschläge müssen nun vom Europäischen Parlament und vom Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren angenommen werden, damit sie in Kraft treten können. Die Kommission erwartet eine rasche und konstruktive Debatte, sodass diese wichtigen Änderungen im demokratischen Leben der Europäischen Union so bald wie möglich Anwendung finden.
(Europäische Kommission: ra)
eingetragen: 23.09.17
Home & Newsletterlauf: 25.10.17
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