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Steuerpraktiken und aggressive Steuerplanung


Staatliche Beihilfen: Kommission weitet Untersuchung zu Steuervorentscheidungen ("Rulings") auf alle Mitgliedstaaten aus
Kommissarin Margrethe Vestager: "Wir müssen uns einen vollständigen Überblick über die Praxis verbindlicher Steuerentscheide in der EU verschaffen, um feststellen zu können, ob und wo der Wettbewerb im Binnenmarkt durch selektive Steuervergünstigungen verfälscht wird"

(19.01.15) - Die Europäische Kommission hat das beihilferechtliche Auskunftsersuchen zu Steuerentscheiden (sogenannte "tax rulings") auf alle Mitgliedstaaten ausgeweitet. Die Kommission hat die Mitgliedstaaten aufgefordert Informationen über ihre Steuerentscheide zu liefern, und insbesondere zu bestätigen, ob sie verbindliche Steuerentscheide erteilen, und gegebenenfalls eine Liste aller Unternehmen, die zwischen 2010 bis 2013 einen Steuerentscheid erhalten haben, bereitzustellen. Die Kommission hat bereits im Juni 2013 mehrere Mitgliedstaaten um ähnliche Informationen über Steuerentscheide gebeten.

Diese Prüfung steht im Einklang mit den jüngsten Forderungen nach mehr Transparenz bei Steuerentscheiden, und insbesondere der von Präsident Juncker angekündigten Initiative in Bezug auf den anstehenden Vorschlag für den automatischen Austausch verbindlicher Steuerentscheide, der unter Federführung von Kommissar Moscovici ausgearbeitet wird.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: "Wir müssen uns einen vollständigen Überblick über die Praxis verbindlicher Steuerentscheide in der EU verschaffen, um feststellen zu können, ob und wo der Wettbewerb im Binnenmarkt durch selektive Steuervergünstigungen verfälscht wird. Mithilfe der in der Untersuchung eingeholten Informationen und der in den laufenden Prüfverfahren gewonnenen Erkenntnisse werden wir Steuervermeidung unterbinden und für einen fairen Steuerwettbewerb kämpfen."

Hintergrund
Um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, prüft die Kommission, ob bestimmte Steuerpraktiken in einigen Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der aggressiven Steuerplanung bestimmter multinationaler Unternehmen mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen. Eine Reihe von Mitgliedstaaten scheint multinationalen Unternehmen zu erlauben, ihr Steuersystem zu nutzen, um ihre Steuerbelastung zu verringern.

Auf der Grundlage der Beihilfevorschriften prüft die Kommission seit Juni 2013 die verbindlichen Steuerauskünfte von sieben Mitgliedstaaten. Die Kommission hat sechs Mitgliedstaaten (Irland, Luxemburg, Malta, die Niederlande, das Vereinigte Königreich und Zypern) um eine Übersicht über die erteilten verbindlichen Steuerauskünfte gebeten. Die Kommission hat auch Belgien um Informationen ersucht, unter anderem zu bestimmten verbindlichen Steuerauskünften. Ferner hat die Kommission bei den zehn Mitgliedstaaten, die über eine Regelung für die Besteuerung geistigen Eigentums (sogenannte "Patentbox-Regelung") verfügen (Belgien, Frankreich, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Portugal, Spanien, Ungarn, das Vereinigte Königreich und Zypern), Auskünfte über die betreffende Regelung eingeholt.

Am 11. Juni 2014 hat die Kommission nach den Beihilfevorschriften förmliche Prüfverfahren in drei Fällen eingeleitet: Apple in Irland, Starbucks in den Niederlanden und Fiat Finance & Trade in Luxemburg. Am 7. Oktober 2014 hat die Kommission ein weiteres Verfahren in Bezug auf Amazon in Luxemburg eingeleitet. Es wird geprüft, ob die Mitgliedstaaten bestimmten Unternehmen mit der Erteilung verbindlicher Steuerauskünfte einen selektiven Vorteil gewähren.

Hintergrundinformationen zum Verfahren
Die Verfahrensverordnung für den Beihilfebereich berechtigt die Kommission, alle Informationen anzufordern, die sie im Rahmen eines beihilferechtlichen Prüfverfahrens für notwendig erachtet, also z. B. auch Informationen, die zeigen, ob Steuerpraktiken eines Mitgliedstaats bestimmte Unternehmen begünstigen. Nach der Mitteilung der Kommission zum Berufsgeheimnis können die Mitgliedstaaten ihre Weigerung, von der Kommission angeforderte Informationen zu erteilen, nicht durch Berufung auf das Berufsgeheimnis rechtfertigen. (Europäische Kommission: ra)


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