Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Vorläufig geäußerte Bedenken der Kommission


Fusionskontrolle: Europäische Kommission leitet eingehende Prüfung der geplanten Übernahme der Energiesparte von Alstom durch General Electric ein
Der von der Kommission durchgeführten vorläufigen Untersuchung zufolge bestehen wettbewerbsrechtliche Bedenken auf den Märkten für Hochleistungsgasturbinen

(17.03.15) - Die Europäische Kommission hat eine eingehende Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob die von General Electric (GE) geplante Übernahme der Alstom-Geschäftsbereiche Thermische Energie, Erneuerbare Energie und Energieübertragung mit der EU-Fusionskontrollverordnung im Einklang steht. Der von der Kommission durchgeführten vorläufigen Untersuchung zufolge bestehen wettbewerbsrechtliche Bedenken auf den Märkten für Hochleistungsgasturbinen, die hauptsächlich in Gaskraftwerken eingesetzt werden. Mit der geplanten Übernahme würden die Geschäftstätigkeiten von GE, dem weltweit größten Hersteller von Hochleistungsgasturbinen, und die Geschäftstätigkeiten von Alstom zusammengeführt. Damit würde einer der drei wichtigsten internationalen Wettbewerber von GE wegfallen.

Die Einleitung einer eingehenden Prüfung lässt keine Schlüsse auf deren Ergebnis zu. Die Kommission hat nun 90 Arbeitstage, d. h. bis zum 8. Juli 2015 Zeit, um den abschließenden Beschluss zu erlassen.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: "Wir haben Bedenken, dass die geplante Übernahme nicht nur zu höheren Preisen führen könnte, sondern auch die Wahlmöglichkeiten der Kunden einschränken und einen Innovationsrückgang im betroffenen Sektor zur Folge haben könnte. Technologien sind und bleiben der entscheidende Faktor, wenn Europa seinen Umweltverpflichtungen nachkommen will. Deshalb ist es wichtig, den Wettbewerb im Markt für Hochleistungsgasturbinen aufrechtzuerhalten."

Die vorläufigen Bedenken der Kommission betreffen den Verkauf und die Wartung von Hochleistungsgasturbinen. Der Markt für solche Turbinen ist durch hohe technologische und finanzielle Einstiegsbarrieren gekennzeichnet. Entsprechend handelt es sich um einen konzentrierten Markt, auf dem lediglich vier weltweit agierende Wettbewerber vertreten sind: GE, Alstom, Siemens und Mitsubishi Hitachi Power Systems (MHPS). Bei einem fünften Marktteilnehmer – Ansaldo – scheint es sich um einen Nischenanbieter mit einem engeren geografischen Aktionsradius zu handeln. Die Gewinnspannen auf dem Markt für Hochleistungsgasturbinen scheinen höher zu sein als auf den benachbarten Märkten für Stromerzeugungsausrüstungen, wie etwa Dampfturbinen.

Der weltweite Markt für Hochleistungsgasturbinen lässt sich – nach Netzfrequenz – in zwei regionale Märkte, nämlich den 50-Hz-Markt und den 60-Hz-Markt, unterteilen. In allen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) werden Gasturbinen mit einer Frequenz von 50 Hz betrieben.

Da MHPS im EWR in geringerem Umfang tätig ist als im Rest der Welt, würden durch die in Frage stehende Transaktion die Geschäftstätigkeiten von zwei der drei Hauptwettbewerber im EWR zusammengeführt. Damit würde Alstom aus dem Markt ausscheiden, so dass aus Sicht der europäischen Kunden den Unternehmen GE und Siemens kein wichtiger Konkurrent mehr gegenüberstünde. Im 50-Hz-Markt für neue Hochleistungsgasturbinen würde das aus dem Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen einen Marktanteil von etwa 50 Prozent – sowohl im EWR als auch weltweit (ohne China) – erreichen.

Zudem könnte die Übernahme dazu führen, dass die FuE-Aktivitäten der Branche deutlich zurückgefahren und die Wahlmöglichkeiten für die Kunden erheblich beschränkt werden. Bei einem Zusammenschluss bestünde die Gefahr, dass GE die Herstellung bestimmter Alstom-Turbinen aufgibt und fortgeschrittene Alstom-Technologien für Hochleistungsgasturbinen nicht auf den Markt gelangen.

Auf dem Markt für die Wartung der auf ausgereiften Technologien basierenden Hochleistungsgasturbinen-Modelle von GE hätte die geplante Übernahme den Wegfall des Wettbewerbs mit der Alstom-Tochter Power System Manufacturing zur Folge.

Insgesamt hat die Kommission in dieser ersten Phase ihrer Untersuchung Bedenken, dass die Transaktion zu einem Preisanstieg, zu einer Beschränkung der Wahlmöglichkeiten für die Kunden sowie zu einer Reduzierung der FuE-Aktivitäten und damit zu einem Innovationsrückgang in der Branche führen könnte.

Die Kommission wird die geplante Übernahme nun einer eingehenden Prüfung unterziehen, um zu entscheiden, ob sich ihre anfänglichen Bedenken als gerechtfertigt erweisen. Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist die Kommission der Auffassung, dass die Transaktion keine Bedenken in Bezug auf Stromerzeugungsausrüstungen für Kern-, Kohle-, Wind- und Wasserkraftwerke oder in Bezug auf Stromübertragungsanlagen aufwerfen dürfte.

Angesichts der globalen Dimension der Tätigkeiten der beteiligten Parteien arbeitet die Kommission eng mit dem US-Justizministerium zusammen. Die Übernahme wurde am 19. Januar 2015 bei der Kommission angemeldet.

Unternehmen und Produkte
General Electric ist ein US-amerikanischer multinationaler Mischkonzern mit folgenden Geschäftsbereichen: Strom und Wasser, Öl und Gas, Energiemanagement, Luftfahrt, Gesundheit, Transport und Finanzdienstleistungen.

Alstom ist ein französisches multinationales Unternehmen, das in den Märkten Stromerzeugung und Schienenverkehr tätig ist. (Europäische Kommission: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Kontrollen der Zoll- und Marktüberwachungsbehörden

    Die Europäische Kommission ergreift Maßnahmen gegen Risiken durch Einfuhren von geringem Wert, die von Online-Einzelhändlern aus Drittländern und über Marktplätze, auf denen Händler aus Nicht-EU-Ländern tätig sind, verkauft werden. Diese Maßnahmen sind Teil der Mitteilung über den elektronischen Geschäftsverkehr mit dem Titel "Ein umfassendes EU-Instrumentarium für einen sicheren und nachhaltigen elektronischen Geschäftsverkehr", die die Kommission vorgelegt hat.

  • HTA-Rechtsvorschriften und -Verfahren

    Die Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment - HTA) ist ein wissenschaftlicher, evidenzbasierter Prozess, bei dem Informationen über medizinische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und ethische Gesichtspunkte im Zusammenhang mit dem Einsatz einer Gesundheitstechnologie zusammengefasst werden. Beispiele für Gesundheitstechnologien sind Arzneimittel und Medizinprodukte.

  • Arzneimittel und Medizinprodukte

    Am 12. Januar 2025 trat die Verordnung über die Bewertung von Gesundheitstechnologien (HTA) in Kraft. Damit soll der EU-weite Zugang von Patienten zu innovativen und wirksamen Gesundheitstechnologien erheblich verbessert werden.

  • Diskriminierung von Medizinprodukten

    Ein veröffentlichter Bericht, in dem die anhaltende Diskriminierung von EU-Medizinprodukten auf dem chinesischen Beschaffungsmarkt hervorgehoben wird, fließt in die Entscheidung der Kommission ein, mit welchen Maßnahmen hier gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen der EU und China hergestellt werden sollen.

  • Entscheidungen in Vertragsverletzungsverfahren

    Die EU-Kommission erlässt eine Reihe von Beschlüssen zu Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten, die nicht mitgeteilt haben, welche Maßnahmen sie zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht ergriffen haben. Dabei übermittelt die Kommission zunächst Aufforderungsschreiben an alle Mitgliedstaaten, die keine nationalen Maßnahmen zur Umsetzung von Richtlinien gemeldet haben, deren Umsetzungsfrist vor Kurzem abgelaufen ist.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen