Tatbestand der Abgeordnetenbestechung
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung - Abgeordnetenbestechlichkeit in das Strafrecht aufnehmen
Der schon im deutschen Strafrecht enthaltene Tatbestand der Abgeordnetenbestechung habe sich in der Praxis als bedeutungslos und daher als rein symbolisch wirkend erwiesen
(08.05.08) - Die Linksfraktion im Deutschen Bundestag möchte dem Tatbestand der Abgeordnetenbestechlichkeit in das Strafgesetzbuch aufnehmen. In einem entsprechenden Gesetzentwurf (16/8979) schreiben die Abgeordneten, dass grundsätzlich alle Handlungen und Unterlassungen, die ein Abgeordneter bei der Wahrnehmung des Mandats vornimmt, von der Abgeordnetenbestechlichkeit erfasst werden sollten.
Bestraft werden sollte beispielsweise das Versprechen, Geld anzunehmen - als "Belohnung" für ein bestimmtes Abstimmungsverhalten eines Abgeordneten im Parlament. Dafür solle Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vorgesehen werden.
Zur Begründung heißt es in dem Gesetzentwurf, dass eine UN-Konvention gegen Korruption ebenfalls eine Verschärfung im deutschen Strafrecht verlange. Die Regierung habe diese zwar unterzeichnet, bis heute aber noch nicht ratifiziert - im Gegensatz zu mehr als 100 anderen Ländern. Die Linksfraktion argumentiert, Korruption erschüttere das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Politik, Verwaltung und Geschäftsverkehr.
Der schon im deutschen Strafrecht enthaltene Tatbestand der Abgeordnetenbestechung habe sich in der Praxis als bedeutungslos und daher als rein symbolisch wirkend erwiesen. Deswegen sei eine Änderung des Strafrechts dringend erforderlich.
Wir zitieren im Folgenden aus dem Gesetzentwurf:
Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung
A. Problem
Korruption erschüttert das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Politik, Verwaltung und Geschäftsverkehr. Das Vertrauen auf die Einhaltung der Regeln des sozialen und demokratischen Rechtsstaats ist aber unabdingbare Grundlage des Funktionierens des verfassungsrechtlich vorgegebenen politischen Systems. Die von diesen Regeln abweichende Beeinflussung von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger zur Durchsetzung von Einzel- oder Partikularinteressen führt darüber hinaus zu immensen nationalen und internationalen wirtschaftlichen Schäden.
Größtmögliche Transparenz staatlichen und wirtschaftlichen Handeins in allen Bereichen stellt die wirksamste Vorbeugung gegen Korruption dar. Flankierend müssen aber auch rechtsstaatlichen Anforderungen genügende strafrechtliche Tatbestände die Einhaltung elementarer Regeln des demokratischen und sozialen Rechtsstaates sicherstellen.
Die Regelungen des deutschen Strafrechts stellen sich in diesem Bereich als unzureichend und von eklatanten Wertungswidersprüchen geprägt dar. Während der Schutz vor illegitimer Beeinflussung von Amtsträgerinnen und Amtsträgern in Gestalt der §§ 331ff. StGB umfassend erfolgt und auch die Lauterkeit des Wettbewerbs nach den §§ 299ff. StGB einen weitgehenden strafrechtlichen Schutz erfährt, fehlen für den Bereich der legislative und gegenüber kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgem wirksame strafrechtliche Sanktionsmöglichkeiten.
Der insoweit bestehende Tatbestand der Abgeordnetenbestechung nach § 108e StGB hat sich als in der Praxis bedeutungslos und daher rein symbolisch wirkend erwiesen. Seit seiner Einführung hat es nur eine einzige Verurteilung (Urteil des LG Neuruppin vom 02.04.2007) auf seiner Grundlage gegeben, was Insbesondere darauf zurückzuführen ist, dass § 108e StGB unter der Überschrift der Abgeordnetenbestechung nur den in dieser Form praktisch nicht vorkommenden Stimmenkauf erfasst (Vgl. Britta Bannenberg, Korruption in Deutschland und ihre strafrechtliche Kontrolle, 2002, S. 13). Ein solcher symbolischer Straftatbestand ohne praktische Auswirkungen wirkt im Ergebnis aber verschleiernd und kontraproduktiv, indem er suggeriert, es gebe einen in Wirklichkeit nicht bestehenden strafrechtlichen Schutz der Redlichkeit parlamentarischer Prozesse.
Die Tolerierung von politsicher Korruption schwächt nicht nur die Bekämpfung von Korruption in Verwaltung und Wirtschaft. Sie begründet auch die Gefahr, dass eine Rechtsordnung, die es versäumt ihre Rechtserzeuger gegen Korruption zu sichern, kraft innerer Logik allmählich selbst ihre Legitimation verlieren muss (von Arnim, JZ 1990, S. 1015). Eine Reform des § 108e StGB ist daher für den Erhalt des von der gegenwärtigen komplexen Gesellschaft verlangten offenen repräsentativen Systems unerlässlich ( Janina Heisz, Die Abgeordnetenbestechung nach § 108e StGB – Schließung einer Regelungslücke? , S. 146). Dies gilt umso mehr angesichts des unhaltbaren Zustands, dass die Bestechung ausländischer Abgeordneter gemäß § 2 IntBestG in weiterem Umfang pönalisiert ist als diejenige von inländischen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern. Dieser Zustand bewirkt eine seit über 8 Jahren währende durch nichts zu rechtfertigende Privilegierung inländischer Parlamentarierinnen und Parlamentarier und stellt eine dem Rechtsstaat unwürdige Ungleichbehandlung dar.
Auch die Umsetzung der von der Bundesrepublik Deutschland im Dezember 2003 unterzeichneten, aber bis heute nicht ratifizierten UN-Konvention gegen Korruption vom 31. Oktober 2003 verlangt eine Verschärfung der Abgeordnetenbestechung im deutschen Strafrecht. Die Konvention wurde inzwischen durch mehr als 100 Staaten ratifiziert, darunter China, Frankreich, Großbritannien, Polen, Russland, Südafrika und die USA und verlangt eine Gleichbehandlung von Mitgliedern der Gesetzgebungsorgane oder kommunaler Volksvertretungen mit Amtsträgerinnen und Amtsträgern.
Demzufolge bestehen auch in den meisten anderen Staaten Regelungen, die entweder auch Mitglieder der Legislative in den Amtsträgerbegriff einbeziehen oder durch ähnlich weitgehende Tatbestände den gleichen Effekt erzielen (V gl. Albin Eser/ Michael Überhofen/ Barbara Huber (Hrsg.), Korruptionsbekämpfung durch Strafrecht, 1997), so dass die deutsche Rechtslage auch im internationalen Vergleich rückständig und eine Ratifizierung dringend erforderlich ist.
Die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass die zuvor höchst streitige Frage, ob die Mitglieder von Gemeinderäten und Kreistagen dem strengen Regime der §§ 331ff.
unterstehen oder ob auch auf kommunaler Ebene durch § 108e StGB ein nur symbolisch wirkender Strafrechtsschutz gegenüber der Korruption von Volksvertreterinnen und Volksvertretern besteht, durch den BGH in seiner Entscheidung vom 9.5.2006 grundsätzlich im letzteren Sinne entschieden wurde (Az.: 5 StR 435/05).
Die obersten Bundesrichter haben dabei zugleich auf die unbefriedigende Rechtslage hingewiesen und angemerkt:
"Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers ist die Bestechung von Abgeordneten danach nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen möglich als bei Amtsträgern. Angesichts des gewandelten öffentlichen Verständnisses der besonderen Sozialschädlichkeit von Korruption, das in allen anderen Bereichen der Wirtschaft und Verwaltung bereits zu einer erheblichen Ausweitung der Strafbarkeit geführt hat, sieht der Bundesgerichtshof insoweit gesetzgeberischen Handlungsbedarf."
B. Lösung
Die Vorgaben der UN-Konvention gegen Korruption, die die Korruption von Mitgliedern von Legislativorganen und kommunalen Volksvertretungen betreffen, werden in der Bundesrepublik Deutschland umgehend in innerstaatliches Recht umgesetzt. Dazu wird § 108e StGB dahingehend geändert, dass alle Handlungen und Unterlassungen, die im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Mandats erfolgen, vom Tatbestand erfasst und auch Drittzuwendungen einbezogen werden.
Sowohl das Versprechen eines mittelbaren als auch das eines unmittelbaren Vorteils ist nach dem Vorschlag als tatbestandsmäßig anzusehen. Materielle und immaterielle Vorteile werden von dem Tatbestand genauso umfasst, wie Vorteile, die nach der Handlung gewahrt oder angenommen werden. Dies führt zu einer weitgehenden Parallelität der strafrechtlichen Behandlung von Mitgliedern von Legislativorganen bzw. kommunaler Volksvertretungen mit Amtsträgerinnen und Amtsträgern i.S.d. § 11 Nr. 2 StGB. Den Besonderheiten parlamentarischer und politischer Arbeit wird durch die normative Voraussetzung, dass das Verhalten mit der rechtlichen Stellung der Mandatsträgerin oder des Mandatsträgers unvereinbar sein muss, Rechnung getragen.
C. Alternativen
Denkbar wäre es auch, den Amtsträgerbegriff des Strafgesetzbuches (§ 11 Nr. 2 StGB) in der Weise neu zu definieren, dass er künftig auch Abgeordnete der besagten Institutionen erfasst. Hiervon wurde
jedoch abgesehen, da es sich bei dem strafrechtlichen Amtsträgerbegriff um einen durch Rechtsprechung und Literatur über Jahrzehnte ausdifferenzierten Rechtsbegriff handelt, der sich in der Praxis weitgehend bewährt hat und den Besonderheiten parlamentarischer Prozesse besser durch einen eigenen Tatbestand entsprochen werden kann. 8Deutscher Bundestag: Die Linke: ra)
Lesen Sie auch die Begründung in dem entsprechenden Gesetzentwurf (16/8979).
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