Grüne fordern verbindliches Lobbyisten-Register
Die "unmittelbare oder mittelbare Beeinflussung" durch Lobbyisten soll dokumentiert und für den weiteren Beratungsprozess transparent gemacht werden
Lobbyistenarbeit: Nur nach einer Registrierung soll Lobbyisten der Zugang zu Bundesministerien und nachgeordneten Bundesbehörden "und jede Kontaktaufnahme zu deren Personal" möglich sein
(23.07.10) - Die Tätigkeiten von Lobbyisten, die "im Bereich von Bundesregierung und Deutschem Bundestag" aktiv sind, soll nach dem Willen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem verbindlichen öffentlichen Register erfasst werden. Zur Errichtung eines solchen Registers solle die Deutsche Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, fordert die Fraktion in einem Antrag (17/2486).
Danach sollen sich Lobbyisten, die die im Gesetz vorgesehenen Rechte in Anspruch nehmen wollen, in dem Register registrieren lassen müssen. Auch solle der Begriff des registrierungspflichtigen Lobbyisten definiert werden. "Dabei sollte die Absicht, Entscheidungen und Abläufe der Exekutive und Legislative im Sinne der Auftraggeber zu beeinflussen, das entscheidende Kriterium sein", heißt es in der Vorlage.
Vorgesehen werden könne auch, dass Lobbyisten, deren Lobbytätigkeit einen bestimmten zeitlichen und finanziellen Aufwand nicht übersteigt, nicht registrierungspflichtig sind.
Lobbyarbeit transparenter machen
In das Register aufgenommen werden sollen nach den Vorstellungen der Fraktion unter anderem bestimmte Daten zu den Lobbyisten, ihren Arbeit- beziehungsweise Auftragsgebern sowie zu den finanziellen Aufwendungen, die sie in die Interessenvertretung investieren.
Jeder Bürger soll dem Antrag zufolge das Recht auf kostenlose Einsichtnahme in das Register haben, das vom Bundestagspräsidenten geführt und zumindest im Internet veröffentlicht werden soll. Die "unmittelbare oder mittelbare Beeinflussung" von für den Bundestag bestimmte Vorlagen der Exekutive durch Lobbyisten soll laut Grünen-Fraktion dokumentiert und für den weiteren Beratungsprozess transparent gemacht werden.
Nur nach einer Registrierung soll Lobbyisten der Zugang zu Bundesministerien und nachgeordneten Bundesbehörden "und jede Kontaktaufnahme zu deren Personal" möglich sein, "sofern eine Lobbytätigkeit beabsichtigt ist", schreiben die Antragsteller weiter.
Auch die Ausgabe von Hausausweisen für den Bundestag an Lobbyisten will die Fraktion von einer Registrierung abhängig machen. An Anhörungen und vergleichbaren Veranstaltungen des Parlaments oder seiner Organe und Hilfsorgane sollten nur registrierte Lobbyisten teilnehmen dürfen, sofern sie in ihrer Eigenschaften als Lobbyisten auftreten. Ferner solle der Bundestag dafür Sorge tragen, dass der Kontakt von Interessenvertretern zu Abgeordneten und Fraktionen uneingeschränkt möglich bleibt. (Deutscher Bundestag: ra)
Meldungen: Politik und Parteien
-
Mehr Transparenz bei Parteiensponsoring geplant
Die Bundesregierung will die Demokratie in Deutschland durch mehr Transparenz stärken. Darauf verweist sie in ihrer Antwort (20/3351)auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/3193). Im Koalitionsvertrag sei unter anderem vereinbart, Parteiensponsoring ab einer Bagatellgrenze veröffentlichungspflichtig zu machen, die Pflicht zur sofortigen Veröffentlichung von Zuwendungen an Parteien auf 35.000 Euro herabzusetzen und eine Veröffentlichungspflicht einzuführen für Spenden und Mitgliedsbeiträge, die in der Summe 7.500 Euro pro Jahr überschreiten.
-
Schröders Büro wird ruhend gestellt
Die Koalitionsfraktionen ziehen Konsequenzen aus dem Verhalten von Alt-Kanzler und Lobbyist Gerhard Schröder (SPD) angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine. Das Büro des Bundeskanzler a.D. soll "ruhend gestellt" werden. Die dem Büro zugeordneten Stellen sollen nicht mehr nachbesetzt werden, die Stelleninhaber anderweitige Aufgaben wahrnehmen. Der Personenschutz durch das Bundeskriminalamt soll davon nicht betroffen sein.
-
Parlamentarisches Frage- und Informationsrecht
Das parlamentarische Frage- und Informationsrecht vermittelt nach Auffassung der Bundesregierung keinen Anspruch auf Abgabe rechtlicher Bewertungen. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/31892) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/31564) hervor. Danach besteht eine Verpflichtung der Bundesregierung zur Beantwortung parlamentarischer Fragen "grundsätzlich nur dann, wenn durch die begehrte Auskunft ein Informationsvorsprung der Bundesregierung gegenüber dem Parlament ausgeglichen werden soll, damit der Deutsche Bundestag und seine Abgeordneten in die Lage versetzt werden, über die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Sachinformationen zu verfügen". In diesem Sinne könne das parlamentarische Frage- und Informationsrecht zwar als Grundlage nachfolgender Bewertungen und darauf aufbauender politischer Auseinandersetzungen fungieren, heißt es in der Antwort weiter. Es diene aber nicht dazu, eine in Bundestagsdrucksachen zu veröffentlichende nachvollziehbare juristische Debatte zwischen Parlament und Regierung zu erzwingen.
-
Expertenstreit: Transparenzregeln für Abgeordnete
Das Vorhaben der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, durch Änderung des Abgeordnetengesetzes, die Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages zu verbessern (19/28784), wird von Sachverständigen grundsätzlich unterstützt. Gleichwohl stoßen Teile der Neuregelung bei einigen Expertinnen und Experten auf verfassungsrechtliche Bedenken, wie aus den vorgelegten schriftlichen Stellungnahmen zu einer Anhörung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hervorgeht. Künftig sollen anzeigepflichtige Einkünfte der Abgeordneten aus Nebentätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen dem Gesetzentwurf zufolge betragsgenau auf Euro und Cent veröffentlicht werden. Dabei sollen Einkünfte anzeigepflichtig sein, wenn sie im Monat 1.000 Euro oder bei ganzjährigen Tätigkeiten im Kalenderjahr in der Summe den Betrag von 3.000 Euro übersteigen. Ferner sollen laut Vorlage Beteiligungen der Parlamentarier sowohl an Kapitalgesellschaften als auch an Personengesellschaften bereits ab fünf Prozent statt wie bislang ab 25 Prozent der Gesellschaftsanteile angezeigt und veröffentlicht werden, dabei erstmals auch indirekte Beteiligungen. Auch Einkünfte aus anzeigepflichtigen Unternehmensbeteiligungen wie etwa Dividenden oder Gewinnausschüttungen sollen anzeige- und veröffentlichungspflichtig werden - ebenso die Einräumung von Optionen auf Gesellschaftsanteile, die als Gegenleistung für eine Tätigkeit gewährt werden.
-
Lobbytätigkeit von Bundestagsabgeordneten
Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur "Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages" (19/28784) vorgelegt. Ziel der vorgesehenen Änderung des Abgeordnetengesetzes ist es der Begründung zufolge, "mehr Transparenz im parlamentarischen Bereich zu schaffen und verlorenes Vertrauen in die parlamentarische Arbeit zurückzugewinnen". Die derzeitige Diskussion über dieses Thema habe gezeigt, dass eine Reform der bisherigen Rechtslage unerlässlich sei. "Aktuelle Vorkommnisse und Berichte über Mitglieder des Deutschen Bundestages, die mit Beratertätigkeiten persönliche Gewinne im Zusammenhang mit der Beschaffung von medizinischen Produkten erzielten, zeigen, dass die geltenden Transparenzregeln im Abgeordnetengesetz erhebliche Regelungslücken aufweisen", schreiben die vier Fraktionen. Derartige Tätigkeiten seien zumindest unter abgeordnetenrechtlichen Gesichtspunkten bisher rechtlich zulässig, "obwohl sie mit der Unabhängigkeit des Mandates und der gebotenen Vermeidung von Interessenkonflikten nicht vereinbar sind".