Pflicht zur Verfassungstreue


Gesetzentwurf: Verfassungstreue ehrenamtlicher Richterinnen und Richter
Die Bundesregierung sieht in ihrer Gegenäußerung keinen Anpassungsbedarf an der vom Bundesrat kritisierten Regelung



Ehrenamtliche Richterinnen und Richter sollen künftig zwingend nicht berufen werden dürfen, wenn an ihrer Verfassungstreue Zweifel bestehen. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/8761) vor. Die Bundesregierung will mit der Regelung nach eigenem Bekunden explizit ein politisches Signal senden, da rechte und rechtsextreme Gruppen ihre Anhänger dazu aufrufen würden, sich als Schöffinnen oder Schöffen zu bewerben.

Wie die Bundesregierung in der Begründung ausführt, besteht auch schon jetzt eine durch das Bundesverfassungsgericht bestätigte Pflicht zur Verfassungstreue für Schöffinnen und Schöffen. "Eine explizite gesetzliche Verankerung macht die Pflicht der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter zur Verfassungstreue besser sichtbar und hebt deren besondere Bedeutung ausdrücklich hervor", heißt es weiter.

Die Ergänzung des Paragrafen 44a des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) um einen zwingenden Berufungsausschlussgrund geht nach Darstellung der Bundesregierung aber über eine "deklaratorische Kodifizierung" der Rechtsprechung hinaus. Sollte eine Schöffin oder Schöffe trotz des Vorliegens des Ausschlussgrundes berufen werden, sei das Gericht im konkreten Einzelverfahren fehlerhaft besetzt, führt die Bundesregierung aus. Damit sei im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage eine Besetzungsrüge möglich, im Strafverfahren stelle die fehlerhafte Besetzung einen absoluten Revisionsgrund dar.

Eine weitere Änderung bezieht sich auf das Verhältnis von Disziplinarverfahren zu Verfahren nach Paragraf 31 DRiG, in denen es um die Versetzung von Richterinnen und Richtern auf Lebenszeit in den einstweiligen oder endgültigen Ruhestand geht. Mit einer Einfügung soll laut Bundesregierung klargestellt werden, dass beide Verfahren parallel betrieben werden können.

Der Bundesrat geht in seiner Stellungnahme unter anderem auf die Folgen einer fehlerhaften Besetzung im Strafverfahren ein. Aus Sicht der Länderkammer sind die Möglichkeiten zur Abberufung und zum vorläufigen Verbot des Ehrenamts ausreichend. Die Bundesregierung wird aufgefordert, daher eine klarstellende Regelung in diesem Sinne im Gesetzentwurf einzufügen. Aus Sicht der Länder würde eine als absoluter Revisionsgrund zu betrachtende Fehlbesetzung "in der Praxis regelmäßig zu Besetzungsrügen führen und das (Revisions-)Verfahren mit der Prüfung der Verfassungstreue der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter belasten", heißt es in der Stellungnahme.

Die Bundesregierung sieht in ihrer Gegenäußerung keinen Anpassungsbedarf an der vom Bundesrat kritisierten Regelung. Aus Sicht der Bundesregierung würde der explizite Ausschluss eines Revisionsgrundes ein "falsches Signal" setzen und die gewählte "Muss-Formulierung" - der zwingende Berufungsausschluss - aushebeln. Rechte und rechtsextreme Gruppen würden seit Jahren ihre Anhängerinnen und Anhänger dazu auffordern, sich als Schöffinnen oder Schöffen zu bewerben. "Hier soll durch eine 'Muss-Regelung' politisch ein starkes Gegensignal gesendet werden", heißt es weiter. Auch andere Vorschläge der Länderkammer, etwa zur Präklusion, dem teilweisen Einbehalt von Dienstbezügen und einer Änderung im Gerichtsverfassungsgesetz - lehnt die Bundesregierung ab. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 20.10.23
Newsletterlauf: 14.12.23


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Risikostrukturausgleich der Krankenkassen

    Verschiedene gesetzliche Initiativen der vergangenen Jahre zielen nach Angaben der Bundesregierung darauf ab, unzulässige Einflussnahmen auf die Datengrundlagen des Risikostrukturausgleichs (RSA) der Krankenkassen zu verhindern und die Manipulationsresistenz des RSA zu stärken. Zuletzt sei mit dem "Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz" (GKV-FKG) 2020 die sogenannte Manipulationsbremse eingeführt worden, heißt es in der Antwort (20/14678) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/14442) der Unionsfraktion.

  • Souveräne Dateninfrastruktur

    Die Bundesregierung strebt eine effiziente, wirtschafts- und innovationsfreundliche Umsetzungsstruktur der europäischen KI-Verordnung an, die knappe Ressourcen klug einsetzt. Das antwortet die Bundesregierung (20/14421) der AfD-Fraktion auf eine Kleine Anfrage (20/14109).

  • FDP legt Gesetzentwurf für flexibleres Stromsystem

    Die FDP-Fraktion hat den Entwurf eines Gesetzes (20/14705) zur "Integration von Photovoltaik- und anderen Erneuerbare-Energien-Anlagen in den Strommarkt und zur Vermeidung solarstrombedingter Netznotfall-Maßnahmen" vorgelegt. Er soll einerseits der Umsetzung der "Wachstumsinitiative der damaligen Bundesregierung vom Juli 2024 dienen.

  • Fairer Wettbewerb im digitalen Sektor

    Bis zum 5. Dezember 2024 haben die Koordinierungsstelle für digitale Dienste in der Bundesnetzagentur (BNetzA) 747 Eingänge von Beschwerden erreicht. Bereinigt um Irrläufer und Spam seien 703 konkrete Beschwerden zu möglichen Verstößen gegen den Digital Services Act (DSA) eingelegt worden.

  • Provisionsverbot noch nicht absehbar

    Ob beziehungsweise inwieweit im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Kleinanlegerstrategie national Maßnahmen ergriffen werden könnten, um Provisionen für den Abschluss von Versicherungsverträgen zu verbieten oder zu deckeln, ist noch nicht absehbar. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14411) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (20/14172) weiter mitteilt, haben die Trilogverhandlungen auf europäischer Ebene noch nicht begonnen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen