Kritik an Steuervereinfachungsplänen der Regierung
Bürokratieabbau: Kommen Unternehmen zu kurz? - Vorgesehene Maßnahmen würden zuallererst eine Entlastung der Finanzverwaltung und in Teilbereichen der nicht gewerblichen Steuerpflichtigen ermöglichen
Steuerpflichtige können ihre Steuerklärung in Zukunft nun alle zwei Jahre statt jedes Jahr abgeben - Unternehmer sind von dieser Regelung aber ausgeschlossen
(17.05.11) - Die großen deutschen Wirtschaftsverbände begrüßen das Ziel der Bundesregierung, die Steuerpraxis zu vereinfachen und das Steuerrecht von unnötiger Bürokratie zu befreien. In einer gemeinsamen Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Finanzausschusses zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes (17/5125) formulierten der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Bundesverband deutscher Banken, der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, der Handelsverband Deutschland und der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen Kritik.
Bemängelt wurde, "dass die vorgesehenen Maßnahmen zuallererst eine Entlastung der Finanzverwaltung und in Teilbereichen der nicht gewerblichen Steuerpflichtigen ermöglichen, für die Unternehmen hingegen nur an vereinzelten, nachgeordneten Stellen Entlastungen beziehungsweise Steuervereinfachungen vorgesehen sind".
Der Entwurf sieht unter anderem vor, den jährlichen Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 auf 1.000 Euro anzuheben. Erleichterungen sollen sich hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten ergeben. Bisher wurden diese Aufwendungen, je nachdem ob sie beruflich bedingt oder privat veranlasst waren, steuerlich unterschiedlich behandelt. Unter Beibehaltung der bestehenden Höchstbeträge sollen die Aufwendungen zukünftig anerkannt werden, ohne dass es wie bisher auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern ankommt. Außerdem können Steuerpflichtige ihre Steuerklärung in Zukunft nur alle zwei Jahre statt jedes Jahr abgeben. Unternehmer sind von dieser Regelung aber ausgeschlossen.
An der Zwei-Jahres-Regelung entzündete sich unter den eingeladenen Sachverständigen Kritik. "Von den mehr als 22 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erhoffen sich mit der Abgabe einer Steuererklärung mindestens 21 Millionen eine Steuerrückerstattung. Diese Steuerbürgerinnen und -bürger werden keine zwei Jahre auf die vielfach in die privaten Haushaltsplanungen einbezogene Rückerstattung vom Finanzamt warten", hieß es in der Stellungnahme der Deutschen Steuergewerkschaft.
Auch die Bundesteuerberaterkammer hielt die Regelung wie schon der Bundesrat "für nicht zielführend", weil nur wenige Steuerzahler davon Gebrauch machen würden.
Die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages wurde von mehreren Sachverständigen als zu gering kritisiert. Der Bund der Steuerzahler erinnerte, dass dieser Pauschbetrag mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 von 1.044 auf 920 Euro reduziert worden sei. Wenn mit dem Pauschbetrag die meisten Arbeitnehmer vor Einzelnachweisen für das Finanzamt verschont werden sollten, müsste es zu einer deutlich höheren Anhebung kommen.
Daher plädierte der Deutsche Steuerberaterverband für eine Anhebung auf 1.400 Euro. Nur dann werde sich der gewünschte Effekt einstellen, dass eine deutliche Anzahl von Arbeitnehmern auf eine konkrete Aufstellung der Werbungskosten verzichte.
Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine verwies darauf , dass dieser Pauschbetrag zu einem nicht unerheblichen Teil einem Personenkreis zugute komme, der häufig keine oder nur geringe berufsbedingte Aufwendungen habe oder diese vom jeweiligen Arbeitgeber erstattet bekomme. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) rechnete vor, dass die Entlastung selbst für gutverdienende Arbeitnehmer bei knapp 3 Euro im Monat liege.
Eine Erhöhung der Behindertenpauschbeträge verlangte der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen. Diese Pauschbeträge seien seit 1975 nicht mehr erhöht worden, kritisierte die Organisation. (Deutscher Bundestag: ra)
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