Wasserversorgung und Privatisierung
EU-Konzessionsrichtlinie auf die deutsche Wasserversorgung: Die SPD-Fraktion sagte an die Adresse der Bundesregierung, sie solle zur Kenntnis nehmen, dass diese Richtlinie in Deutschland nicht gewollt sei
Nach Angaben der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen könnten etwa 400 von insgesamt 800 Stadtwerken von der Richtlinie und dem Zwang zur Ausschreibung betroffen sein
(08.04.13) - Die Auswirkungen der geplanten EU-Konzessionsrichtlinie auf die deutsche Wasserversorgung sind von den Oppositionsfraktionen und der Bundesregierung völlig unterschiedlich beurteilt worden. In die kritischen Stimmen reihte sich in einer Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie auch die CDU/CSU-Fraktion ein, die der EU-Kommission unter anderem vorwarf, mit dem Richtlinien-Entwurf die Interessen französischer Großkonzerne im Blick zu haben.
In einem Bericht der Bundesregierung für den Ausschuss heißt es, die Kommunen könnten auch in Zukunft öffentliche Aufgaben wie die Wasserversorgung selbst wahrnehmen. "Es gibt keinen Zwang zur Privatisierung – weder direkt noch indirekt", so die Regierung. Es bleibe auch weiterhin möglich, dass Städte und Gemeinden die Wasserversorgung gemeinsam organisieren. Eine Pflicht, private Wasserversorger einschalten zu müssen, gebe es nicht. Wenn Kommunen entscheiden würden, private Anbieter einzubeziehen, sei aber eine öffentliche Ausschreibung erforderlich. Angesichts der Bedenken aus Deutschland habe EU-Binnenmarktkommissar Barnier einen neuen Vorschlag angekündigt, der den deutschen Mehrspartenstadtwerken zugutekommen solle.
Die SPD-Fraktion sagte an die Adresse der Bundesregierung, sie solle zur Kenntnis nehmen, dass diese Richtlinie in Deutschland nicht gewollt sei. Der Darstellung der Regierung zum Inhalt der Richtlinie wurde massiv widersprochen. Über einen Umweg könne es zur Privatisierung der gesamten Wasserversorgung einer Kommune kommen. Selbst wenn die Stadtwerke zu 80 Prozent der Kommune gehören würden, müsse die Konzession für die Wasserversorgung ausgeschrieben werden. "Dann wird es gefährlich", warnte ein Sprecher der SPD-Fraktion.
Nach Angaben der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen könnten etwa 400 von insgesamt 800 Stadtwerken von der Richtlinie und dem Zwang zur Ausschreibung betroffen sein. Auch Barniers Änderungsvorschlag werde nichts bringen. Die Richtlinie müsse gestoppt werden, verlangte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Falls das nicht möglich sei, müsse die Wasserversorgung aus dem Geltungsbereich ausgeklammert werden. Auch die Linksfraktion wandte sich gegen die Richtlinie. Die Gefahr, dass es über die Ausschreibungen zu einer Vergabe an Großkonzerne kommen könne, sei da.
Die CDU/CSU-Fraktion stellte fest, unter Subsidiaritätsaspekten wäre dies kein Thema für Brüssel gewesen. Diese Äußerung stieß aber auf Widerspruch der Bundesregierung, deren Vertreter das Vergaberecht als Kompetenz der EU darstellte: "Das können die machen." Nach Ansicht der CDU/CSU ist die Richtlinie nach schwierigen Verhandlungen jetzt erträglich. Die aufgeregte Diskussion habe aber zu Skepsis bei den Bürgern gegen Brüssel geführt, sagte ein Sprecher an die Adresse der EU-Kommission.
Die FDP-Fraktion warnte vor zu pauschalen Betrachtungen. Es gebe viele Bereiche, wo privatisiert werden könne. Wasser sei schwierig, weil es sich um ein natürliches Monopol handele. Wasser sei daher wenig bis gar nicht für Ausschreibungen geeignet. Aber keine Gemeinde werde durch die Richtlinie gezwungen, ihre Wasserversorgung zu privatisieren, erklärte ein Sprecher der FDP-Fraktion.
Der Ausschussvorsitzende Ernst Hinsken (CDU/CSU) appellierte an die Fraktionen, bei den weiteren Beratungen zu einer gemeinsamen Haltung zu finden. (Deutscher Bundestag: ra)
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