Pressefreiheit und Schutz von Journalisten
Entwürfe zur Stärkung der Pressefreiheit werden unterschiedlich bewertet
Sind Ermittlungen gegen Journalisten wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat mit dem Quellen- und Informantenschutz vereinbar oder schränken sie den Auftrag der Medien zur kritischen Recherche und Berichterstattung ein
(01.02.11) - Unterschiedlich bewertet wurde im Rechtsausschuss die Notwendigkeit, die Pressefreiheit und den Schutz von Journalisten im Straf- und Prozessrecht zu stärken. Der Ausschuss hatte acht Sachverständige zu einer öffentlichen Anhörung eingeladen. Sowohl die Deutsche Bundesregierung als auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben dazu einen Gesetzentwurf (17/3355, 17/3989) vorgelegt.
Sie sind der Meinung, dass Ermittlungen gegen Journalisten wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat mit dem Quellen- und Informantenschutz nicht vereinbar seien und den Auftrag der Medien zur kritischen Recherche und Berichterstattung einschränkten. Zum Gesetzentwurf der Grünen liegt zudem ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke vor.
Nach dem Willen der Regierung sollen Journalisten, die sich der Beihilfe zum Verrat eines Dienstgeheimnisses nach dem Strafgesetzbuch schuldig gemacht haben, dafür nicht mehr belangt werden dürfen, wenn sie sich auf die "Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung" des Geheimnisses oder der Nachricht beschränken. Der weiter gehende Gesetzentwurf der Grünen sieht vor, nicht nur die Beihilfe, sondern auch die Anstiftung zum Geheimnisverrat künftig straffrei zu stellen. Zudem soll die Durchsuchung von Redaktionen und Wohnungen von Redakteuren und freien Journalisten nur nach richterlicher Anordnung möglich sein.
Kritisiert wurden beide Gesetzentwürfe unter anderem von Jürgen Graf. Der Richter am Bundesgerichtshof verwies darauf, dass eine Änderung der bestehenden Rechtslage weder erforderlich noch wünschenswert sei, da der von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beabsichtigte weitergehende Schutz für Medienmitarbeiter bereits durch die bindenden Grundsätze der "Cicero"-Entscheidung erreicht werde. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 27. Februar 2007 zwei Verfassungsbeschwerden des Magazins "Cicero" stattgegeben, wonach das von der Staatsanwaltschaft Potsdam eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen einen freien Mitarbeiter und den Chefredakteur eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur Verletzung des Dienstgeheimnisses die Pressefreiheit verletze.
Ähnlicher Meinung wie Graf war Clemens Lückemann, Generalstaatsanwalt aus Bamberg. Als "abwegig" bezeichnete er das Vorhaben der Grünen, Anstiftung zum Geheimnisverrat straffrei zu stellen. Konsequenterweise müsste dann auch die Bestechung von Amtsträgern durch Journalisten straffrei gestellt werden, so Lückemann.
Auch Professor Rainer Hamm mochte keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf zu erkennen. Die Pressefreiheit, so der Frankfurter Rechtsanwalt für Strafrecht, sei hinreichend geschützt. Auch gab er zu bedenken, dass die Vertraulichkeit von Daten in ebenso starkem Maße von der Verfassung geschützt sei wie die Pressefreiheit.
Unterstützung für die geplanten Gesetzesänderungen kam hingegen von Christoph Fiedler vom Verband deutscher Zeitschriftenverleger und von Benno H. Pöppelmann, Justiziar des deutschen Journalistenverbandes (DJV). Laut Pöppelmann gebe es gewisse Anreize für Strafverfolgungsbehörden, sich der Erkenntnisse von Medienmitarbeitern zu bemächtigen. Dies könne die aktuelle Rechtslage nicht verhindern. Daher spreche sich der DJV dafür aus, sowohl die Anstiftung als auch die Beihilfe zum Geheimnisverrat straffrei zu stellen.
Positiv bewertet wurden die beiden Gesetzesentwürfe auch von Christoph Degenhart, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht am Institut für Rundfunkrecht der Universität Leipzig. Anders als Dr. Graf sprach er sich für eine gesetzliche Regelung aus, da nur dadurch hinreichend Rechtssicherheit geschaffen werde, um den Schutz der Presse wirksam zu gewährleisten. (Deutscher Bundestag: ra)
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