Lohnsteuerabzug von Ehepaaren
Datenschutz nicht gewährleistet: Wahlmöglichkeit eines anteiligen Lohnsteuerabzugs trifft auf Vorbehalte
"Äußerst problematisch", wenn der Arbeitgeber den Verdienst des anderen Ehepartners kennt - Deutschen Steuer-Gewerkschaft: "Die Finanzverwaltung hat bisher gut mit den bisherigen Steuerklassen gelebt"
(12.10.07) - Die geplante Einführung eines so genannten Anteilsverfahrens als Wahlmöglichkeit für den Lohnsteuerabzug von Ehepaaren ist bei Sachverständigen auf Vorbehalte gestoßen.
In der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Mittwochnachmittag zum Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2008 (16/6290) sowie zu Anträgen der FDP, die Steuerklasse V abzuschaffen (16/6396), der Linksfraktion, die Entfernungspauschale vollständig anzuerkennen (16/6374), sowie von Bündnis 90/Die Grünen, die Lohnsteuerklassen III, IV und V zu streichen (16/3023), brachte Ulrike Spangenberg vom Deutschen Juristinnenbund die Alternative einer Individualbesteuerung der Eheleute mit übertragbarem Grundfreibetrag ins Spiel. Dadurch könnten mehrere Lohnsteuerklassen wegfallen.
Im Regierungsentwurf ist vorgesehen, dass Ehepaare neben den Steuerklassen-Kombinationen IV/IV oder III/V auch eine anteilige Besteuerung wählen können, um die übermäßige Belastung des jeweils geringer Verdienenden durch den Lohnsteuerabzug zu mildern.
Literatur zum Thema "Lohnsteuer"
Literatur zum Thema "Lohnsteuer und Recht"
Spangenberg nannte dieses Anteilsverfahren problematisch, weil der Arbeitgeber dadurch über das Einkommen des Ehepartners seines Arbeitnehmers informiert würde. Dadurch könnten für die Betroffenen Nachteile entstehen, etwa wenn Frauen mit der Begründung gekündigt würde, in der Ehe stehe ein zweites Einkommen zur Verfügung. Im Übrigen stelle das Finanzamt am Jahresende lediglich eine gemeinsame Steuerschuld des Paares fest, der "interne Ausgleich" zwischen den Eheleuten finde nicht automatisch statt.
Auf diesen Umstand wies auch Hartmut Tofaute vom Deutschen Gewerkschaftsbund hin. Das Anteilsverfahren bringe gegenüber der Kombination III/V einen gewissen Fortschritt, doch sollte man nach weiteren Verbesserungen suchen. Aus Sicht der Finanzbeamten sagte Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft: "Die Finanzverwaltung hat bisher gut mit den bisherigen Steuerklassen gelebt."
Sowohl beim Anteilsverfahren als auch bei dem von der FDP vorgeschlagenen Durchschnittssatzverfahren, bei dem sich der Lohnsteuerabzug der Eheleute an ihren durchschnittlichen Steuersätzen des Vorjahres orientiert, werde es auf jeden Fall komplizierter. In beiden Fällen müsste das Finanzamt ein Besteuerungsmerkmal auf der Basis des Vorjahresergebnisses gesondert feststellen.
Professor Karl Georg Loritz von der Universität Bayreuth sagte, er halte es für "äußerst problematisch", wenn der Arbeitgeber den Verdienst des anderen Ehepartners kenne. Im weiteren Verlauf der Anhörung äußerten sich die Sachverständigen auch zur geplanten Präzisierung des Paragrafen 42 der Abgabenordnung, wonach künftig eine "ungewöhnliche rechtliche Gestaltung" dann als missbräuchlich gelten soll, wenn für sie "keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe" nachgewiesen werden können.
Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft nannte diese Vorschrift ein "starkes Schwert", um den Steuermissbrauch zu Lasten der Allgemeinheit abzumildern. Für die Finanzverwaltung bedeute es eine Vereinfachung, wenn der Steuerzahler künftig nachweisen müsse, dass seine Gestaltung keinen Missbrauch darstellt. Derzeit trage das Finanzamt eine "starke Beweislast". Eigenthaler schlug jedoch vor, statt unbestimmter Rechtsbegriffe wie "ungewöhnlich" Fallgruppen zu konstruieren, um die Steuerakrobatik einzudämmen.
Der Präsident des Deutschen Finanzgerichtstages, Jürgen Brand, nannte die Regelung eine "Allzweckwaffe". "Es ist gut, dass es sie gibt", sagte er.
Karl Georg Loritz bezeichnete sie dagegen als unpraktikabel, weil die Steuerpflichtigen nicht mehr wüssten, was sie noch machen dürften.
Auch Claudia Ende von der Bundessteuerberaterkammer riet dazu, neue unbestimmte Rechtsbegriffe zu vermeiden. Man sollte auf die bestehende Rechtsprechung zurückgreifen, um Rechtssicherheit zu schaffen.
Thomas Borstell von der Wirtschaftsprüfungsfirma Ernst &Young bezeichnete die Vorschrift schließlich als "investitionsschädlich", weil sie vorhandene unbestimmte Rechtsbegriffe durch neue unbestimmte Rechtsbegriffe ersetze, die von der Rechtsprechung wieder ausgelegt werden müssten. (Deutscher Bundestag: ra)
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