Ausschuss kann CETA nicht ändern


Fragen zur Regulierungszusammenarbeit zwischen der Europäischen Union, Kanada und den USA nach Abschluss der Abkommen CETA und TTIP
Fraktion Die Linke: "Der Ansatz eines "living agreements", wie er exemplarisch im CETA-Vertragsentwurf vorliegt, beinhaltet damit u. a. die große Gefahr der Verselbständigung der Administration und Regulierungsbehörden und einen möglichen Verstoß gegen Verfassung und EU-Recht"

(09.10.15) - Der im geplanten europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen CETA vorgesehene Hauptausschuss hat nur begrenzte Kompetenzen, und diese Kompetenzen seien auch größtenteils technischer Natur, erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/6000) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/5882) zur Regulierungszusammenarbeit in diesem Abkommen. Der Hauptausschuss habe keinerlei Befugnis, völkerrechtlich verbindliche Entscheidungen über eine Änderung der Anhänge, Anlagen, Protokolle und Anmerkungen von CETA zu treffen. Er könne lediglich Empfehlungen an die Vertragsparteien aussprechen.

Vorbemerkung der Fragesteller
"Das Handels- und Investitionsabkommen mit Kanada (CETA) mit vorläufigem Vertragstext vom 1. August 2014 als auch das derzeit verhandelte Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) werden als "living agreement" ausgestaltet. Folglich soll nach Abschluss des Ratifikationsprozesses die regulatorische Kooperation künftig vertieft und über die Abkommen institutionalisiert werden. Das ist neu für europäische Handels- und Investitionsabkommen. Die Funktionsweise und Effekte der regulatorischen Regulation sind unklar. Dessen ungeachtet sollen Hauptausschüsse (bei CETA "Joint Committee" und bei TTIP "Joint Ministerial Body") und spezifische Unterausschüsse zur Weiterentwicklung der Abkommen, zur Erarbeitung von Vorschlägen und zu Einschätzungen (bei CETA "Regulatory Cooperation Forum" und bei TTIP "Regulatory Cooperation Body") eingerichtet werden.

Die künftige regulatorische Zusammenarbeit in CETA bzw. TTIP wird in jeweils eigenen Kapiteln geregelt. Zusätzlich gibt es im CETA-Vertragsentwurf einzelne Regelungen in Unterkapiteln. Insgesamt wird die Frage der Anwendung, Ausgestaltung und Veränderung einmal ratifizierter Abkommen im Kontext der jeweiligen Annexe, Anhänge und Protokolle zu klären sein. Unklare Formulierungen und strittige Aspekte werden erst mit der Zeit auftreten und da-mit erst nach Ratifikation und ohne Einbindung der Parlamente.

Während die Verständigung mit den USA über die künftige regulatorische Zusammenarbeit bei TTIP noch aussteht, liegen mit dem CETA-Vertragsentwurf die entsprechenden Formulierungen u. a. in Kapitel 30 ("Administrative and Institutional Provisions") vor, in denen die Ausschussstruktur als eigener administrativer Unterbau, deren Funktion und Zuständigkeit kodifiziert sind. Es ist davon auszugehen, dass die Formulierungen im CETA-Vertragsentwurf den Mindeststandard für einen künftigen TTIP-Vertragstext bilden werden. Entsprechend lässt sich die juristische Kritik (vgl. Stoll/Holterhus/Gött: Die geplante Regulierungszusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Kanada sowie den USA nach den Entwürfen von CETA und TTIP: Rechtsgutachten, erstellt im Auftrag der Arbeiterkammer Wien, Juni 2015) auf beide Abkommen anwenden.

Die Kritik beinhaltet u. a. die mangelnde Klarheit der Formulierungen im CETA-Vertragsentwurf, die unzureichende Funktionsbeschreibung und rechtliche Abgrenzung der Aufgaben der Ausschüsse sowie die fehlende demokratische Legitimation der Handels- und Investitionspolitik der EU nach Ratifikation des Vertrages, da in den zuständigen CETA-Ausschüssen keinerlei parlamentarische Beteiligung und Mitentscheidung vorgesehen ist.

Der Ansatz eines "living aggreements", wie er exemplarisch im CETA-Vertragsentwurf vorliegt, beinhaltet damit u. a. die große Gefahr der Verselbständigung der Administration und Regulierungsbehörden und einen möglichen Verstoß gegen Verfassung und EU-Recht. Der stete Verweis der Bundesregierung (vgl. z. B. Bundestagsdrucksache 18/4432), das formale Recht zur Regulierung ("right to regulate") von Regierungen und Parlamenten in der EU sei nicht gefährdet, der Hinweis auf das Vorsorgeprinzip und die Einhaltung möglichst hoher Schutzstandards und Normen trägt hier also kaum. Erstens geht es um die künftige regulatorische Zusammenarbeit nach Ratifikation und die künftige Veränderung des Vertragstextes. Zweitens können unverbindlichen Absichtserklärungen durch konkrete Formulierungen zur regulatorischen Kooperation und zur Streitschlichtung ausgehebelt werden (vgl. Stoll et. al., 2015).

Drittens hat auch die Bundesregierung – sowie Vertreter anderer Mitgliedstaaten – etwa in internen Gremiensitzungen des handelspolitischen Ausschusses der EU vergleichbare Bedenken geäußert (vgl. Protokolle auf www.correctiv.org und Pressemitteilung Foodwatch vom 27. Juli 2015)."
(Deutsche Bundesregierung: ra)


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