CETA: Keine vollständige Liberalisierung
Bei dem CETA-Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada "wird die größtmögliche Handelsliberalisierung angestrebt"
Zukünftige Liberalisierungen einer Vertragspartei werden automatisch zu geltenden CETA-Verpflichtungen, die später nicht mehr zurückgenommen werden können (Ratchet- bzw. Sperrklinkenklausel)
(02.02.16) - Nach den Bestimmungen des zwischen der Europäischen Union und Kanada geplanten Handelsabkommens (CETA) wird es keine vollständige Liberalisierung von Dienstleistungen geben. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/7168) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/6838) schreibt, ist ein eine "vollständige Liberalisierung im Sinne der Abwesenheit staatlicher Regulierung nicht das Ziel und auch nicht Gegenstand der Verpflichtungen des Abkommens". Den EU-Mitgliedsländern bleibe es erlaubt, die Erbringung von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge jederzeit als staatliche Monopole oder durch Verleihung ausschließlicher Rechte an private Unternehmen zu organisieren. Die Spielräume nationaler, regionaler und lokaler Behörden, Dienste der Daseinsvorsorge nach ihren Bedürfnissen bereitzustellen und zu organisieren, würden nicht eingeschränkt.
Vorbemerkungen der Fragesteller
Bei dem CETA-Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada "wird die größtmögliche Handelsliberalisierung angestrebt" (vgl. CETA-Verhandlungsmandat vom 24. April 2009). In CETA wird der NAFTA-Ansatz einer Negativliste übernommen. Das heißt, es wird ein allgemeines Liberalisierungsgebot eingeführt. Alles, das nicht der Liberalisierung unterworfen werden soll, muss explizit gelistet werden nach dem Prinzip "list it or lose it". Diese Vorbehalte zu den in den Kapiteln "Investment" und "Cross-Border Trade in Services" festgelegten Liberalisierungsverpflichtungen finden sich in den Annexen I und II des CETA-Abkommens (Bezug ist jeweils der am 26. September 2014 in englischer Fassung veröffentlichte Vertragstext goo.gl/cM4BE7).
Annex I enthält Vorbehalte, die sich aus aktuellen Regulierungsmaßnahmen ergeben (Reservations for Existing Measures and Liberalisation Commitments). Für Bereiche, die nur in Annex I eingetragen sind, dürfen zukünftig keine neuen oder restriktiveren Maßnahmen eingeführt werden (Standstill- bzw. Stillhalteklausel). Demnach sind dort zukünftige Maßnahmen unzulässig, die Zugang zu Märkten begrenzen oder ausländische Dienstleister und Investoren "diskriminieren". Zukünftige Liberalisierungen einer Vertragspartei werden automatisch zu geltenden CETA-Verpflichtungen, die später nicht mehr zurückgenommen werden können (Ratchet- bzw. Sperrklinkenklausel). Annex II enthält Beschränkungen für zukünftige Maßnahmen (Reservations for Future Measures) und soll damit dem Gesetzgeber Handlungsspielräume eröffnen. Nur für die im Annex II aufgeführten Bereiche wäre der Gesetzgeber weiter in der Lage, regulierend tätig zu werden. Es ist allerdings zu befürchten, dass hier einige Lücken bestehen. Gleichzeitig ist die Unübersichtlichkeit des Negativlisten-Ansatzes ein großer Kritikpunkt.
(Deutscher Bundestag: ra)
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