Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Bundesgerichtshof

Werktitelschutz von Smartphone-Apps


BGH zur Verletzung ihrer Titelschutzrechte an dem Domainnamen "wetter.de"
Kein Werktitelschutz unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsgeltung - Grundsätze von Zeitungen und Zeitschriften nicht auf den Bereich der Bezeichnung von Internetseiten und Smartphone-Apps übertragbar

(24.02.16) - Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden (Urteil vom 28. Januar 2015 - I ZR 202/14 - wetter.de), dass Apps für mobile Endgeräte wie Smartphones grundsätzlich Werktitelschutz genießen können. Die Klägerin betreibt unter dem Domainnamen "wetter.de" eine Internetseite, auf der sie ortsspezifisch aufbereitete Wetterdaten und weitere Informationen über das Thema Wetter zum Abruf bereithält. Seit 2009 bietet sie entsprechende Informationen auch über eine Applikation (nachfolgend "App") für Mobilgeräte (Smartphones und Tablet-Computer) unter der Bezeichnung "wetter.de" an.

Die Beklagte ist Inhaberin der Domainnamen "wetter.at" und "wetter-deutschland.com", unten denen sie im Internet ebenfalls Wetterdaten zur Verfügung stellt. Seit Ende 2011 betreibt sie zudem eine App mit entsprechenden Inhalten unter den Bezeichnungen "wetter DE", "wetter-de" und "wetter-DE".

Die Klägerin beanstandet die Benutzung der Bezeichnungen der Beklagten für deren Wetter-App als eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte an dem Domainnamen "wetter.de" und der entsprechenden Bezeichnung der von ihr betriebenen App. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts eingelegte Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof jetzt zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass Domainnamen von Internetangeboten sowie Apps für Mobilgeräte zwar titelschutzfähige Werke im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG* sein können. Der Bezeichnung "wetter.de" komme aber keine für einen Werktitelschutz nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG hinreichende originäre Unterscheidungskraft zu. Unterscheidungskraft fehlt einem Werktitel, wenn sich dieser nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft. So liegt es im Streitfall. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Bezeichnung "wetter.de" für eine Internetseite und für Apps, auf denen Wetterinformationen zu Deutschland angeboten werden, glatt beschreibend ist.

Allerdings sind in bestimmten Fällen nur geringe Anforderungen an den erforderlichen Grad der Unterscheidungskraft zu stellen. Dies setzt voraus, dass der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass Werke mit beschreibenden Bezeichnungen gekennzeichnet werden und dass er deshalb auch auf feine Unterschiede in den Bezeichnungen achten wird. Ein derart abgesenkter Maßstab ist von der Rechtsprechung insbesondere für den Bereich der Zeitungen und Zeitschriften anerkannt, die seit jeher mit mehr oder weniger farblosen und nur inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungsbezeichnungen gekennzeichnet werden. Diese Grundsätze sind jedoch nicht auf den Bereich der Bezeichnung von Internetseiten und Smartphone-Apps übertragbar.

Die Bezeichnung "wetter.de" genießt auch keinen Werktitelschutz unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsgeltung. Zwar kann eine fehlende originäre Unterscheidungskraft auch bei Werktiteln durch Verkehrsgeltung überwunden werden. Die Klägerin hat aber nicht belegt, dass sich die Bezeichnung innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise als Werktitel durchgesetzt hat. Angesichts des glatt beschreibenden Charakters der Bezeichnung "wetter.de" kann die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50 Prozent angesetzt werden. Dass mehr als die Hälfte der angesprochenen Verkehrskreise in der Bezeichnung "wetter.de" einen Hinweis auf eine bestimmte Internetseite mit Wetterinformationen sehen, ergab sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Verkehrsgutachten nicht.

Vorinstanzen:
LG Köln - Urteil vom 10. Dezember 2013 - 33 O 83/13
OLG Köln - Urteil vom 5. September 2014 - 6 U 205/13 (GRUR 2014, 1111).

* § 5 MarkenG lautet:

(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.

(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.

(3) Werktitel sind die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.

(Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 28. Januar 2016: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundesgerichtshof

  • (Gesundheits-)Daten betroffener Arbeitnehmer

    Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten durch einen Medizinischen Dienst, der von einer gesetzlichen Krankenkasse mit der Erstellung einer gutachtlichen Stellungnahme zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten beauftragt worden ist, kann nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. h DSGVO* auch dann zulässig sein, wenn es sich bei dem Versicherten um einen eigenen Arbeitnehmer des Medizinischen Dienstes handelt.

  • Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristsachen

    Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) beabsichtigt, sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristsachen anzuschließen, wonach ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen immer dann eigenverantwortlich zu prüfen hat, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt werden.

  • Kündigung im Rahmen einer Massenentlassung

    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung im Rahmen einer Massenentlassung. Entscheidungserheblich ist, ob diese bei der Agentur für Arbeit ordnungsgemäß angezeigt wurde.

  • Arbeitgeberin hat Wahl für nichtig gehalten

    Bewerben sich bei einer Betriebsratswahl weniger Arbeitnehmer um einen Betriebsratssitz als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, kann ein "kleinerer" Betriebsrat errichtet werden. Die Arbeitgeberin ist Trägerin einer Klinik mit in der Regel 170 beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

  • Arbeitsverhältnis & katholischen Kirche

    Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um die Auslegung des Unionsrechts zu der Frage ersucht, ob ein der katholischen Kirche zugeordneter Arbeitgeber, der von den bei ihm tätigen Arbeitnehmern im Übrigen nicht verlangt, dass sie der katholischen Kirche angehören, das Arbeitsverhältnis allein aufgrund der Beendigung der Mitgliedschaft zur katholischen Kirche kündigen darf, wenn der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses aus der katholischen Kirche austritt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen