Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Bundesarbeitsgericht

BAG und Urlaub in der Kündigungsfrist


Die Freistellung des Arbeitnehmers zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub erfolgt durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers
Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und der Klage stattgegeben


(26.05.11) - Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG legt der Arbeitgeber den Urlaub zeitlich fest. Die Erklärung eines Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer unter Anrechnung auf dessen Urlaubsansprüche nach der Kündigung von der Arbeitsleistung freizustellen, ist nach den §§ 133, 157 BGB aus Sicht des Arbeitnehmers auszulegen.

Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Bankunternehmen, als Angestellter mit einem jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen beschäftigt. Mit Schreiben vom 13. November 2006 erklärte die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 31. März 2007. Gleichzeitig stellte sie den Kläger "ab sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubstage von Ihrer Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge" frei. In dem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess entschied das Arbeitsgericht mit rechtskräftigem Urteil, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung der Beklagten nicht beendet worden. Der Kläger macht Resturlaub aus dem Jahr 2007 geltend. Er vertritt die Auffassung, die Beklagte habe ihm während der Kündigungsfrist neben dem aus 2006 resultierenden Urlaub allenfalls 7,5 Tage Urlaub für das Jahr 2007 gewährt. Dies entspreche dem Teilurlaub, den er nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 erworben habe.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und der Klage stattgegeben. Die Freistellung des Arbeitnehmers zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub erfolgt durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers. Die Erklärung muss für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennen lassen, in welchem Umfang der Arbeitgeber die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers erfüllen will. Zweifel gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Denn als Erklärender hat er es in der Hand, den Umfang der Freistellung eindeutig festzulegen.

Im Streitfall konnte der Kläger der Freistellungserklärung der Beklagten nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, ob die Beklagte ua. den vollen Urlaubsanspruch für das Jahr 2007 oder lediglich den auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 entfallenden Teilurlaubsanspruch erfüllen wollte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. Mai 2011 - 9 AZR 189/10 -
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 27. August 2009 - 11/18 Sa 1114/08 -
(Pressemitteilung des BAG vom 26.05.11: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundesarbeitsgericht

  • Leistungen aus betrieblicher Altersversorgung

    Die Ansprüche und Anwartschaften der Berechtigten gegen den Arbeitgeber, die mit der Insolvenzeröffnung kraft Gesetzes auf den Pensions-Sicherungs-Verein übergehen, sind und bleiben Ansprüche auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung. Da sie mit der Insolvenzeröffnung als Kapitalsumme zur Insolvenztabelle anzumelden sind, haben sie nicht den Charakter wiederkehrender Leistungen.

  • Abrechnung des Entgelts eine sog. Holschuld

    Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung (GewO) bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Diese Verpflichtung kann er grundsätzlich auch dadurch erfüllen, dass er die Abrechnung als elektronisches Dokument zum Abruf in ein passwortgeschütztes digitales Mitarbeiterpostfach einstellt.

  • Betriebliche E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer

    Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, der für ihn tarifzuständigen Gewerkschaft die dienstlichen E-Mail-Adressen seiner - bereits vorhandenen und neu hinzukommenden - Arbeitnehmer zum Zweck der Mitgliederwerbung mitzuteilen. Ein solches Begehren kann nicht auf eine von den Gerichten - im Weg der gesetzesvertretenden Rechtsfortbildung - vorzunehmende Ausgestaltung der durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Koalitionsbetätigungsfreiheit gestützt werden.

  • Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit

    Der Beweiswert einer im Nicht-EU-Ausland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann erschüttert sein, wenn nach der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung des zu würdigenden Einzelfalls Umstände vorliegen, die zwar für sich betrachtet unverfänglich sein mögen, in der Gesamtschau aber ernsthafte Zweifel am Beweiswert der Bescheinigung begründen. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei einer in Deutschland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

  • Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten

    Eine tarifvertragliche Regelung, die unabhängig von der individuellen Arbeitszeit für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten voraussetzt, behandelt teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wegen der Teilzeit schlechter als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte. Sie verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter (§ 4 Abs. 1 TzBfG), wenn die in ihr liegende Ungleichbehandlung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen