Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Bundesarbeitsgericht

Fachliche Eignung & Schwerbehinderung


Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG - Diskriminierung wegen der Schwerbehinderung
Der Kläger hat von der beklagten Stadt die Zahlung einer Entschädigung verlangt: Zur Begründung hat er ausgeführt, die beklagte Stadt habe ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert



Die beklagte Stadt schrieb Mitte 2013 die Stelle eines "Techn. Angestellte/n für die Leitung des Sachgebiets Betriebstechnik" des von ihr unterhaltenen Komplexes "Palmengarten" aus. In der Stellenausschreibung heißt es ua.: "Wir erwarten: Dipl.- Ing. (FH) oder staatl. gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs-/ Sanitär-/Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation; …".

Der mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Kläger, der ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich "Alternative Energien" ist, bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle. Er fügte seinem Bewerbungsschreiben einen ausführlichen Lebenslauf bei. Die beklagte Stadt lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und entschied sich für einen anderen Bewerber.

Der Kläger hat von der beklagten Stadt die Zahlung einer Entschädigung verlangt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die beklagte Stadt habe ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Sie sei ihrer Verpflichtung nach § 82 SGB IX, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht nachgekommen. Bereits dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei.

Die beklagte Stadt hat sich darauf berufen, sie habe den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, da dieser für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet sei. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die beklagte Stadt verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung iHv. drei Bruttomonatsverdiensten zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat das arbeitsgerichtliche Urteil auf die Berufung der beklagten Stadt teilweise abgeändert und die Entschädigungssumme auf einen Bruttomonatsverdienst reduziert. Hiergegen wendet sich die beklagte Stadt mit ihrer Revision.

Die Revision hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die beklagte Stadt hatte dadurch, dass sie den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, die Vermutung begründet, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung aus dem Auswahlverfahren vorzeitig ausgeschieden und dadurch benachteiligt wurde. Sie war von ihrer Verpflichtung, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, auch nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX befreit. Auf der Grundlage der Angaben des Klägers in seiner Bewerbung durfte sie nicht davon ausgehen, dass diesem die erforderliche fachliche Eignung offensichtlich fehlte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11. August 2016 - 8 AZR 375/15 -
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 2. Juni 2015 - 8 Sa 1374/14 -
(Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 11. August 2016: ra

eingetragen: 03.09.16
Home & Newsletterlauf: 17.10.16


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundesarbeitsgericht

  • (Gesundheits-)Daten betroffener Arbeitnehmer

    Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten durch einen Medizinischen Dienst, der von einer gesetzlichen Krankenkasse mit der Erstellung einer gutachtlichen Stellungnahme zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten beauftragt worden ist, kann nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. h DSGVO* auch dann zulässig sein, wenn es sich bei dem Versicherten um einen eigenen Arbeitnehmer des Medizinischen Dienstes handelt.

  • Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristsachen

    Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) beabsichtigt, sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristsachen anzuschließen, wonach ein Rechtsanwalt den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen immer dann eigenverantwortlich zu prüfen hat, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt werden.

  • Kündigung im Rahmen einer Massenentlassung

    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung im Rahmen einer Massenentlassung. Entscheidungserheblich ist, ob diese bei der Agentur für Arbeit ordnungsgemäß angezeigt wurde.

  • Arbeitgeberin hat Wahl für nichtig gehalten

    Bewerben sich bei einer Betriebsratswahl weniger Arbeitnehmer um einen Betriebsratssitz als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, kann ein "kleinerer" Betriebsrat errichtet werden. Die Arbeitgeberin ist Trägerin einer Klinik mit in der Regel 170 beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

  • Arbeitsverhältnis & katholischen Kirche

    Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um die Auslegung des Unionsrechts zu der Frage ersucht, ob ein der katholischen Kirche zugeordneter Arbeitgeber, der von den bei ihm tätigen Arbeitnehmern im Übrigen nicht verlangt, dass sie der katholischen Kirche angehören, das Arbeitsverhältnis allein aufgrund der Beendigung der Mitgliedschaft zur katholischen Kirche kündigen darf, wenn der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses aus der katholischen Kirche austritt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen