Wettbewerbsdynamik im Strom- und Gasbereich
Der "Monitoringbericht 2009": Verdreifachung der Lieferantenwechselquote bei Gas
Zeit zum Wechseln sei günstig - Verbraucher sollten Sparmöglichkeiten nutzen
(23.10.09) - Die Bundesnetzagentur hat ihren Monitoringbericht zur Entwicklung der Strom- und Gasmärkte veröffentlicht. Die Zahlen zeigen, dass im Jahr 2008 weitreichende Änderungen in den Märkten erfolgt sind und der Wettbewerb im Energiebereich an Dynamik gewinnt.
"Das Jahr 2008 war ein Jahr des Umbruchs. Neben der Vorbereitung der Anreizregulierung waren insbesondere auf dem Gasmarkt weitreichende strukturelle Änderungen zu vermelden, die durch die Arbeit der Bundesnetzagentur festgelegt und begleitet worden sind", betonte Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur, bei der Vorstellung des Berichts. "Die großen Ziele sind dabei die Erhöhung der Liquidität zur Erleichterung des Gashandels und die Schaffung von mehr Wettbewerb. Der Weg dahin führt über eine Verringerung der Markteintrittshürden, eine Vereinfachung des Anbieterwechsels für den Verbraucher sowie eine Verbilligung des Transports durch neue, vereinfachte Bilanzierungsregeln und durch die Zusammenlegung von Marktgebieten."
Eine wesentliche Rolle spielt dabei der Gasnetzzugang. Hier war es notwendig, die Geschäftsprozesse zwischen den Marktakteuren beim Lieferantenwechsel – also den Wechsel eines Kunden von einem Lieferanten zum anderen – zu standardisieren und massengeschäftstauglich zu machen. Dies hat die Bundesnetzagentur durch die Festlegungen der bundeseinheitlichen Prozesse für den Lieferantenwechsel im Gassektor (GeLi Gas) vorangetrieben, die von den Marktbeteiligten seit August 2008 verbindlich umgesetzt werden müssen. Die Vorgaben sind zwischenzeitlich auch gerichtlich bis zum Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt worden.
Mit einer Festlegung hat die Bundesnetzagentur im Mai 2008 zudem die Bilanzierung im Gasbereich umfassend neu geregelt und neue Bedingungen für Bilanzkreisverträge im Gassektor festgelegt. Das seit Beginn des letzten Gaswirtschaftsjahres geltende "Grundmodell der Ausgleichsleistungs- und Bilanzierungsregeln im Gassektor" (GABi Gas) behebt diese Mängel vor allem durch die Einführung der Tagesbilanzierung. Hierdurch wird neuen Anbietern der Marktzutritt erleichtert und der Transport im Netz deutlich verbilligt. Das sind wichtige Voraussetzungen für mehr Liquidität im Markt und damit auch für mehr Wettbewerb im Gasnetz.
"Der Monitoringbericht zeigt, dass die Einführung von GABi Gas die Wettbewerbssituation auf dem Gasmarkt positiv beeinflusst hat. So geben 171 Transportkunden an, dass sie ihre Belieferung in andere Netze ausgedehnt haben. Dies entspricht einem Anteil von 25 Prozent aller Transportkunden", erklärte Kurth.
Ein weiterer wichtiger Baustein für mehr Wettbewerb im Gassektor ist die Reduzierung der Gasmarktgebiete. Die Bundesnetzagentur hat der Forderung nach einer Reduzierung der Marktgebiete stets Nachdruck verliehen, um auch hierüber die Liquidität auf den Gasmärkten zu erhöhen, die Abwicklung von Gastransporten zu erleichtern sowie den Umgang mit Regel- und Ausgleichsenergie effizienter zu gestalten. Auch für die Etablierung eines börslichen Gashandels und für den Aufbau eines großen Kundenportfolios ist eine gewisse Mindestgröße der Marktgebiete erforderlich.
Mehrere große Gasnetzbetreiber haben zum 1. Oktober 2009 ihre H-Gas- Marktgebiete zusammengelegt. Unter dem Dach der "NetConnect Germany" (NCG) kooperieren die Netzbetreiber bayernets, Eni Gastransport Deutschland, E.ON Gastransport, GRTgaz Deutschland und GVS Netz. Unter der Bezeichnung "Gaspool" haben die Gastransporteure Dong Energy Pipelines, Gasunie Deutschland, Ontras – VNG Gastransport, StatoilHydro Deutschland und Wingas Transport ihre Marktgebiete zusammengefasst.
"Die Reduzierung der Marktgebiete ist das Ergebnis mühevoller Kooperationsverhandlungen, die von der Bundesnetzagentur in einem monatelangen Prozess aktiv begleitet wurden. Damit hat sich die Zahl der Marktgebiete von zehn auf sechs verringert, wobei die verbleibenden Unterteilungen zum Teil durch unterschiedliche Gasqualitäten (H-Gas bzw. L-Gas) begründet sind. Insofern hat unsere Arbeit bei der Verringerung der Marktgebiete weitere Früchte getragen", sagte Kurth.
Wettbewerb auf Gasmarkt gewinnt an Fahrt
"Der Monitoringbericht zeigt, dass der Wettbewerb auf dem Gasmarkt weiter an Fahrt gewinnt. Konnten die Privatverbraucher vor drei Jahren noch gar nicht wechseln, hatten sie im Jahr 2007 meist nur zwischen wenigen Gasanbietern die Auswahl. Jetzt ist es zu einer deutlichen Steigerung der Auswahlmöglichkeiten gekommen. Aktuellen Markterhebungen zufolge kann sich der Verbraucher im Durchschnitt zwischen zwölf Anbietern je Postleitzahlgebiet entscheiden.
Tatsächlich beliefern 382 Verteilernetzbetreiber – das entspricht 63 Prozent – die Letztverbraucher mit dem Gas von zwei bis fünf alternativen Lieferanten. Einige Verteilernetzbetreiber leiten sogar von über 30 Lieferanten das Gas zum Endverbraucher. Diese Entwicklung ist auch auf die Festlegungsbeschlüsse GeLi und GaBi Gas der Bundesnetzagentur zurückzuführen, die den Anbieterwechsel und den Handel stark vereinfacht haben", betonte Kurth.
Verdreifachung der Lieferantenwechselquote bei Gas
"Im Gasbereich ist dementsprechend auch eine Steigerung bei den Wechselquoten im Bereich der Haushaltskunden zu verzeichnen. Während 2007 erst 100.719 Lieferantenwechsel zu verzeichnen waren, kam es 2008 bereits zu 353.460 Lieferantenwechseln. Die Zahl hat sich damit mehr als verdreifacht", sagte Kurth.
Die Wechselquoten im Gasbereich bleiben aber trotzdem nach wie vor hinter den Wechselquoten bei Strom zurück. Dort ist die Zahl der Lieferantenwechsel im Haushaltskundenbereich im selben Zeitraum von 1,35 Mio. auf 2,11 Mio. gestiegen.
"Vor diesem Hintergrund appelliere ich daher noch einmal an alle Verbraucher von den neuen Wechselmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Dass der Verbraucher in seiner Region jetzt zwischen mehreren Anbietern auswählen kann, ist eine erfreuliche Entwicklung. Der Verbraucher kann durch einen Anbieterwechsel große Kosteneinsparungen realisieren, wie zahlreiche Preisvergleiche zeigen", sagte Kurth.
Netzinvestitionen und Versorgungssicherheit
Regulierung muss so ausgestaltet sein, dass ausreichend Investitionen getätigt werden, um eine sichere und effiziente Versorgung langfristig gewährleisten zu können. Der Monitoringbericht 2009 zeigt, dass im Bereich der Elektrizitätsversorgung das Niveau der Versorgungssicherheit in Deutschland als hoch einzustufen ist. Trotzdem ist die gestiegene Zahl von Engpässen in den deutschen Stromnetzen ein Indikator dafür, dass Investitionen in den Bau von Leitungen, Kraftwerken und deren Anschlüssen an das Netz dringend nötig sind. Auch das Engpassmanagement an den internationalen Grenzkuppelstellen bedarf der Verbesserung, um den grenzüberschreitenden Handel nachhaltig zu fördern.
Die erhobenen Daten zeigen für die Netzinfrastruktur der Übertragungsnetzbetreiber, dass diese im Jahr 2008 insgesamt ca. 741 Mio. Euro (2007 ca. 503 Mio. Euro) investiert haben. Bei den Verteilernetzbetreibern betrug die Höhe der Investitionen in die Netzinfrastruktur insgesamt ca. 2.393 Mio. Euro (2007 ca. 2.127 Mio. Euro).
Im Gasbereich ist die Entwicklung der Investitionen bei den Gasfernleitungsnetzbetreibern rückläufig. Im Jahr 2008 wurden hier Investitionen in Höhe von ca. 301 Mio. Euro (2007 ca. 467 Mio. Euro) getätigt. Dies entspricht einem Rückgang von 36 Prozent. Allerdings belief sich die Höhe der Aufwendungen für Wartung und Instandhaltung im Jahr 2008 auf insgesamt ca. 525 Mio. Euro. Sie hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr erhöht (2007 ca. 433 Mio. Euro). Bei den Verteilernetzbetreibern liegen die Investitionen im Jahr 2008 bei ca. 441 Mio. Euro (2007 ca. 496 Mio. Euro).
Verbraucher sollen neue Möglichkeiten nutzen
"Die Zahlen des Monitoringberichts zeigen, dass die von uns ergriffenen wichtigen strukturellen Maßnahmen im Gasbereich bedeutende Auswirkungen auch für die Verbraucher haben. Es zeigt sich zudem, dass der Wettbewerb auf Grundlage unserer Entscheidungen weiter an Fahrt gewinnt. Allerdings ist die weitere Wettbewerbsentwicklung jetzt vor allem auch verstärkt vom Verbraucherverhalten abhängig", erläuterte Kurth. "Ich ermutige die Verbraucher daher, die neuen Möglichkeiten eines Lieferantenwechsels und die damit verbundenen Einsparpotenziale bei Elektrizität und Gas noch intensiver zu nutzen; um insbesondere auch durch Anbieterwechsel Druck auf die Preise auszuüben." (Bundesnetzagentur: ra)
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